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Der Weg des OER-Contents in das Landesportal

Wie funktioniert eigentlich der Upload- und Freischaltungsprozess von Content im Landesportal?

Mit diesem Beitrag gibt Ihnen das Team des Content-Managements der Geschäftsstelle ORCA.nrw einen Einblick in die Stationen, die Lehr-/Lernressourcen durchlaufen, bis sie im Landesportal zu finden sind. Die Bandbreite an digitalen Materialien, die über ORCA hochgeladen werden können, ist ziemlich groß: Eine einzelne Grafik kann genauso Eingang finden wie ein Video oder ein kompletter Online-Kurs. Damit die Veröffentlichung der Materialien reibungslos funktioniert, werden unterschiedliche technische Komponenten benötigt, die nicht alleine von der Geschäftsstelle ORCA.nrw gehostet und weiterentwickelt werden, sondern in enger Zusammenarbeit mit verschiedenen Kooperationspartner*innen. Insbesondere das Hochschulbibliothekszentrum (hbz) mit einem Repositorium für die dauerhafte Speicherung der Materialien und die Verknüpfung der ORCA-Suche mit dem Suchindex OERSI, sowie das Projekt Educast, das u. a. das Hosting und die Ablage von Videos und Audio-Dateien übernimmt.

Im Folgenden werden wir zur Veranschaulichung der einzelnen Stationen von einem Lehrenden oder einer Lehrenden ausgehen, der oder die ein Video unter einer offenen Lizenz über ORCA.nrw veröffentlichen möchte. Für andere Materialarten kann der Prozess variieren.

Station 1: Contenterstellung bzw. -anpassung

Nehmen wir an, Sie als Lehrende*r haben ein Erklärvideo, das Sie gerne im Landesportal einstellen möchten. Sie erkundigen sich bei der Netzwerkstelle Ihrer Hochschule, ob die Lizenz richtig formuliert ist, und überprüfen, ob Sie bezüglich des hochzuladenden Materials noch Fragen (z. B. zum Zitat- oder Urheberrecht) haben. Hierzu können Sie eine Einschätzung der Rechtsinformationsstelle einholen. Die Netzwerkstelle hat Ihnen für eine bessere Zugänglichkeit den Tipp gegeben, auch Untertitel für das Video zu erstellen. Diese legen Sie im VTT-Format an, da Sie erfahren haben, dass die Untertitel am besten als zusätzliche Datei in diesem Format hochgeladen werden.

Station 2: Metadateneingaben und Upload-Prozess

Aus Ihrer Sicht ist das Material nun zum Hochladen bereit. Sie besuchen das Landesportal und melden sich mit Ihren Hochschulzugangsdaten an, nachdem Sie auf den Button „Anmelden“ unter dem Logo „Shibboleth“ geklickt haben. Nun gehen Sie auf die Seite mit Informationen zum Upload und klicken auf „Upload-Prozess starten“. Dort finden Sie als Erstes die Nutzungsbedingungen, denen Sie zustimmen, um mit dem Prozess fortzufahren. Danach werden Sie gefragt, ob das Material im Rahmen einer Förderung der Digitalen Hochschule NRW entstanden ist. Durch die Antwort auf die Frage, geben Sie uns die Möglichkeit, besser einordnen zu können, ob es Material ist, das bestimmten Förderrichtlinien unterliegt. Bei einer Förderung gibt es einige Auflagen zu beachten, wie zum Beispiel, dass es mehr Pflichtangaben bei den Metadaten gibt. Danach ist eine weitere Angabe zur Art des Materials zu machen, die den Hintergrund hat, dass es zwei verschiedene Speicherorte für Content bei ORCA.nrw gibt. Handelt es sich um eine Audio- oder Videodatei, wird diese im Hintergrund in einem Bereich bei Educast abgelegt und kann nach der Veröffentlichung nicht nur heruntergeladen, eingebettet sowie gestreamt werden. Für alle anderen Dateien, die hinterher zum Download auf ORCA.nrw zur Verfügung stehen, sollte „Datei“ ausgewählt werden, damit diese über eine Schnittstelle direkt in das vom hbz betriebene Repositorium gelangen. Da Sie eine Videodatei haben, entscheiden Sie sich für den Pfad „Audio/Video“ und kommen in einem nächsten Schritt zur Metadateneingabe. Sie sehen, dass es nur einige durch ein Sternchen markierte Pflichtfelder gibt. Da Sie aber Ihr Material möglichst gut auffindbar machen wollen, füllen Sie auch die Felder aus, bei denen die Angaben freiwillig sind.

Durch Ihre Netzwerkstelle haben Sie erfahren, dass die Metadaten nicht frei von ORCA.nrw gewählt wurden, sondern zwecks Standardisierung größtenteils dem Allgemeinen Metadatenprofil für Bildungsressourcen (AMB) entstammen. Durch diese Standardisierung wird eine spätere hohe Verbreitung unterstützt. Bei der Lizenz sehen Sie, dass Ihr Material, wenn es aus keiner Förderung hervorgeht, auch unter eine CC-Lizenz mit den Zusätzen „NC“ (nicht kommerziell) und/oder „ND“ (keine Bearbeitung) gestellt werden kann. Nach der Eingabe klicken Sie auf „Weiter“. Nun können Sie entscheiden, ob Ihr Video nur abgelegt oder auch auffindbar gemacht werden soll. Ersteres sollte ausgewählt werden, wenn das Video später in einen Kurs eingebettet werden und nur im Zusammenhang mit diesem stehen soll. Da Sie das Video als Einzelmaterial hochladen wollen, behalten Sie das Häkchen bei und geben damit an, dass es über den Suchindex indiziert werden soll. Anschließend laden Sie Ihre Video- und Untertiteldatei hoch, dabei werden alle gängigen Formate unterstützt (siehe auch Hinweise von Educast). Der nächste Schritt ist die Überprüfung der Metadaten. Sehen Sie beispielsweise, dass Sie sich vertippt haben oder etwas fehlt, gelangen Sie von dieser Seite zurück auf die Metadateneingabe. Sie können sich in dem Formular zwischen diesen Punkten vor- und zurückbewegen, ohne dass Sie die Datei erneut hochladen müssen. Ist nun alles korrekt, können Sie auf „OK“ klicken. Während des Hochladens wird Ihnen angezeigt, ob alles reibungslos funktioniert. Abschließend erfolgt die Information, dass Sie per E-Mail eine Rückmeldung zum weiteren Prozess erhalten werden. Sie können dann entscheiden, ob Sie eine weitere Ressource hochladen oder zur Seite „Für Lehrende“ zurückkehren möchten.

Station 3: Verarbeitung, Review und Rückmeldung

Nun kommen wir als Content-Management ins Spiel. Unsere Aufgabe ist es an dieser Stelle, die eingegangenen Materialien zu sichten und Sie als Content-Erstellende bei der Bereitstellung der Ressourcen zu unterstützen. In unserem Reviewbereich sehen wir, dass eine neue Ressource eingetroffen ist, und prüfen, ob diese im Rahmen einer Förderung hochgeladen wurde und ob das Video als Einzelmaterial auffindbar gemacht werden soll. Da ORCA.nrw das Bestreben hat, möglichst vielen Nutzer*innen Zugang zu qualitativ hochwertigen Materialien zu ermöglichen, schauen wir uns die Ressource in Hinblick auf Aspekte der Barrierefreiheit an und prüfen allgemein, ob uns etwas auffällt, um ggf. noch Empfehlungen für Anpassungen geben zu können. Denn auch wenn während des Hochladens im Hintergrund die Videos automatisch optimiert werden, kann zum Beispiel etwas mit der Tonspur sein, sodass wir einen entsprechenden Hinweis geben würden. Wir sehen zudem, ob Untertitel mitgegeben wurden und können vergleichen, ob die angegebenen Zeiten mit dem Gesprochenen im Video übereinstimmen. Neben solchen Aspekten sehen wir uns auch die Lizenz(en) an und würden zurückmelden, falls dabei etwas unklar ist. Zum Schluss schauen wir über die Metadaten, die eingegeben wurden. Passen diese zum Material, kann die Freischaltung folgen.

Station 4: Freischaltung, Auffindbarmachung und Darstellung auf der Website

Sowohl für Videos und Audios als auch für alle anderen Dateien gilt, dass wir, das Content-Management, sie aktiv freischalten müssen, damit sie gefunden werden. Diese aktive Freischaltung bewirkt, dass der OER-Suchindex (OERSI) die Ressourcen nachts automatisch erkennt, sie dann auffindbar und damit für die Nutzer*innen sichtbar macht. Sind die Ressourcen samt Metadaten freigeschaltet, prüfen wir am nächsten Tag, ob alle Informationen auf der sogenannten Detailseite, die sich aus den hinterlegten Daten dynamisch generiert, erscheinen und ob der Content reibungslos abrufbar ist. Im Falle des Videos heißt das, dass wir dort die Metadaten sehen, das Video streamen und die Untertitel zuschalten können. Außerdem lässt sich das Video herunterladen. Wenn auch dieser Schritt erfolgreich abgeschlossen ist, geben wir Ihnen per E-Mail Bescheid, dass Ihr Content nun über OERSI und damit über die Suche von ORCA.nrw auffindbar ist. Dass Sie die Ressource über das Landesportal hochgeladen haben, sehen Sie an dem ORCA-Symbol auf der Suchergebnisseite sowie an dem Design der Detailseite. Die Metadaten, die Sie zum Material eingegeben haben, dienen als Suchstichworte für Ihre Ressource. Haben Sie als Schlagwort im Formular „Erklärvideo“ angegeben, können Sie nun gezielt nach dem Begriff suchen, um Ihr Video zu finden. Um die Suchergebnisse weiter einzugrenzen, können Sie diverse Suchfilter benutzen.

Und dann?

Wenn Sie sich nun zu Recht fragen, ob die Freischaltung wirklich der letzte Schritt in diesem Prozess ist – natürlich nicht. Gerade bei Open Educational Resources (OER) sind eine Weiternutzung, Anpassungen und eine erneute Zurverfügungstellung ausdrücklich erwünscht. Konzepte zur Pflege und Versionierung von Inhalten sind momentan in der Erarbeitung und werden uns als Content-Management im Besonderen, aber auch die ganze Geschäftsstelle von ORCA.nrw wie auch unsere Kooperationspartner*innen weiterhin sehr beschäftigen. Das Uploadformular, die Suchergebnisdarstellung und das Metadatenkonzept werden zudem stetig erweitert und optimiert. Gerade weil die Komponenten alle stimmig ineinandergreifen müssen, sind dabei passende Konzepte und Sorgfalt die Voraussetzungen für ein gutes Gelingen.

Haben Sie noch Fragen oder Anmerkungen? Schreiben Sie uns unter info-oer@orca.nrw.

Das Content-Management-Team

Saskia Helbeck-PrepensSaskia Helbeck-Prepens, +49 234 32 21881 , saskia.prepens@rub.de

Nimet SarikayaNimet Sarikaya, +49 234 32 26944, nimet.sarikaya@rub.de

Die Geschäftsstelle im Gespräch mit Deutschlandfunk Campus & Karriere

In der vergangenen Woche wurde die Geschäftsstelle von ORCA.nrw von Kai Rüsberg vom Deutschlandfunk besucht. Die Bedeutung von OER für die Hochschulen, die länderübergreifende Vernetzung im Bereich OER sowie die Forderung des Wissenschaftsrates OER zu fördern und die Funktionsweise von ORCA.nrw – das und mehr, waren Themen des Interviews. Das Gespräch mit Dr. Markus Deimann und Saskia Prepens kann auf der Website des Deutschlandfunks angehört werden.

Innovatives E-Learning beim OER-Fachtag Naturwissenschaften

Beim ersten OER-Fachtag Naturwissenschaften, den das Netzwerk Landesportal ORCA.nrw am 10. Juni unter der Federführung der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf organisierte, stand der Austausch zu den Potenzialen von Open Educational Resources (OER) im Mittelpunkt. Vier Projekte, in denen aktuell OER entstehen, stellten ihre Arbeit vor. In den Präsentationen und Diskussionen ging es um didaktische Fragestellungen, organisatorische Hintergründe und technische Herausforderungen.

Prof. Dr. Dirk Burdinski (TH Köln, Fakultät für Angewandte Naturwissenschaften) führte in seinem Keynote-Vortrag „Das Potenzial von Open Educational Resources für die Naturwissenschaften“ in das Thema ein und stellte seine persönliche Motivation für die Veröffentlichung seiner Materialien als OER dar. Der Landeslehrpreisträger betreibt zum Beispiel mehrere Youtube-Kanäle, auf denen er seine Vorträge und Lehrvideos aus dem Bereich Chemie unter offener Lizenz veröffentlicht. Über diese Kanäle erreicht er Zielgruppen weit über seine eigene Hochschule hinaus. Anderen Lehrenden will Burdinski die Angst vor der ‚Verunstaltung‘ ihrer Materialien nehmen: Durch die Vergabe von Creative-Commons-Lizenzen können die Urheber*innen sehr genau bestimmen, was mit ihrem Material gemacht werden darf. Ihm selbst sei es erst einmal passiert, dass sein eigenes Konterfei von unbekannten Dritten ‚nachbearbeitet‘ worden sei, erklärte Burdinski beim OER-Fachtag. „Das war aber bei einem ausgedruckten Poster, das in der Hochschule aushing“, fügte er lachend hinzu. Insgesamt plädierte er für eine engere hochschulübergreifende Zusammenarbeit in der Lehre, so wie es auch in der Forschung gängige Praxis ist.

3D-Modell eines Wasserfalls von Dr. Mandy Duda (RUB), CC BY-SA 4.0

Abbildung 1 3D-Modell des Wasserfalls Engelhofenplatte aus dem Projekt Digifit, Dr. Mandy Duda, RUB (CC BY-SA 4.0)

Die vorgestellten OER-Projekte beeindruckten die Anwesenden mit technischen Finessen: Dr. Mandy Duda (RUB) stellte aufwändige 3D-Modelle von Geländeabschnitten vor, mit denen geowissenschaftliche Exkursionen simuliert werden können. Die Projekte Digifit und DRAGON Ruhr nutzen diese Technik, um Geländearbeit auch für Studierende mit Einschränkungen erfahrbar zu machen und tragen so zu einer diversity-sensiblen Lehre bei. Studierende erkunden zu Hause am Computer zum Beispiel einen Wasserfall und das ihn umgebende Gelände und betrachten „Handstücke“ (Gesteins- und Mineralproben) in allen ihren Details.

PD Dr. Klaus Schaper vom Projekt OER.DigiChem.NRW (HHU, TH Köln, BUW) erklärte, wie es dem Team aus drei Hochschulen gelingt, gemeinsam eine sehr große Anzahl an Software-Tutorials für Chemie-Studierende zu produzieren. „Ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg war für uns, dass wir in der ersten Phase des Projekts gemeinsame Standards erarbeitet haben“, stellte er fest. So legten die Beteiligten fest, dass die Video-Tutorials eine bestimmte Länge haben müssen, dass studentische Sprecher*innen darin auftreten und das Publikum direkt per „Du“ angesprochen wird. Eine Pre-Evaluation unter Studierenden half, solche erfolgversprechenden Faktoren zu identifizieren.

Beim Fachtag gab es auch wertvolle Hinweise für die didaktische Herangehensweise an OER-Projekte: Ein großes Plus kann es zum Beispiel sein, wenn Studierende selbst zu Produzent*innen von Lehr-/Lernmaterialien werden. An der Bergischen Universität Wuppertal entstand auf diese Weise eine Lernapp zum Thema „Salamanderpest“, die es Schüler*innen ermöglicht, dieses ernsthafte Thema eigenständig und forschungsnah zu erkunden. Möglich wurde die Umsetzung durch eine fächerübergreifende Kooperation: Biologie- und Design-Studierende der Universität Wuppertal haben Inhalt, Gameplay, Optik und Technik der App gemeinsam entwickelt. Ein großer Motivationsfaktor bei der Erstellung der App ist der Schutz von Ökosystem und Art. Da Salamander unter Artenschutz stehen, ist eine Exkursion und Untersuchung in der Natur nur bedingt möglich. Über eine digitalisierte Möglichkeit der Expedition können praxisnahe Erkundungen weiterhin wertvoller Teil von Lehrveranstaltungen im Studium sein.

Wie die Reformierung eines Studienganges und OER kombiniert werden können, erläuterte Dr. Anja Neuber (UzK). Im Projekt C4.0_BioKöln aus der Förderlinie Curriculum 4.0.nrw wurde mit dem Umbau des Bachelor-Studiengangs Biologie begonnen. Zwei der wichtigsten Ziele dabei sind, alle Module im Sinne des Constructive Alignments zu gestalten sowie digitale Kompetenzen der Studierenden weiterzuentwickeln. Neuber berichtete über die im Projekt entstandenen (OER-)Lernmodule und Lehrvideos, wobei sie auf deren Vorteile einging, die nicht nur allgemeindidaktisch begründet, sondern teilweise auch fachspezifisch sind. Außerdem stellte sie ein Prä- und Post-Test-Szenario als Werkzeug der diagnostischen Lernfortschrittskontrolle vor und erläuterte, wie mit solchen Tests Misskonzeptionen der Studierenden aufgedeckt und diese Erkenntnisse gewinnbringend in die Lehre integriert werden können.

Auch zwei Praxis-Inputs zur Medienproduktion waren Teil des Fachtags. Von Dr. Heike Seehagen-Marx (BUW) erfuhren die Teilnehmenden, wie sie offline H5P-Elemente erstellen können (mit Lumi). Und Peter Bernardi und PD Dr. Klaus Schaper (beide HHU) führten in die Videoproduktion mit einem Lightboard ein, indem sie live und in vielen Farben die Möglichkeiten darstellten, die diese Art der Visualisierung bietet.

Abbildung 2 Peter Bernardi und PD Dr. Klaus Schaper bei ihrem Praxis-Input zur Videoproduktion mit einem Lightboard

Abbildung 2 Peter Bernardi und PD Dr. Klaus Schaper bei ihrem Praxis-Input zur Videoproduktion mit einem Lightboard, (CC BY-SA 4.0)

87 Personen hatten sich für den OER-Fachtag angemeldet, 80 waren dann tatsächlich dabei. Die Teilnehmenden kamen aus verschiedensten naturwissenschaftlichen Fachbereichen, wobei die Biologie mit 16 Prozent am stärksten vertreten war. Besonders groß war das Interesse am Fachtag unter Mitarbeitenden lehrunterstützender Einrichtungen: Etwas über 40 Prozent der Teilnehmenden kamen aus diesem Bereich. Die überwiegende Mehrheit der Gäste ist an NRW-Hochschulen tätig und rund 80 Prozent arbeiten an einer Universität (FHs: rund 14 Prozent).

Den Fachtag haben ORCA.nrw-Netzwerkstellen von fünf NRW-Hochschulen gemeinsam organisiert. Mit dabei waren neben der HHU Düsseldorf die Ruhr-Universität Bochum die Universität zu Köln, die TH Köln und die Bergische Universität Wuppertal.

Für alle, die nicht beim Fachtag dabei sein konnten, gibt es jetzt die meisten Beiträge in der HHU-Mediathek zum Nachschauen (natürlich als OER, d.h. unter einer CC-Lizenz). Der nächste OER-Fachtag des Netzwerks Landesportal ORCA.nrw am 1. September 2022 widmet sich den Ingenieurwissenschaften. Auch hierfür gibt es bereits weitere Informationen und eine Anmeldemöglichkeit

„Man muss versuchen, weiterzudenken: Was kann man alles als OER zur Verfügung stellen?“

Wie fängt man am besten an, wenn man OER erstellen will? Und warum lohnt sich der Einsatz von OER? Fakt ist: Es lohnt sich, weil alle profitieren. Im Interview mit PD. Dr. Klaus Schaper und Ann-Kathrin Mertineit von der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf konnten wir erfahren, wie beide zum Thema OER kamen, was sie anderen zum Einstieg in das Thema OER raten und warum Kreativität beim Format von OER Material erwünscht ist.

 

ORCA.nrw: Herr Schaper, was war Ihr Einstieg in das Thema OER?

Schaper: Mein Einstieg war die Mediathek meiner Hochschule. Die Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf hat eine eigene Mediathek. Dort veröffentliche ich seit 2013 Videos, inzwischen über 500 Stück. Die ersten Videos waren Vorlesungsaufzeichnungen. Wenn man dort ein Video öffentlich zur Verfügung stellt, wird es automatisch als OER deklariert. Dadurch war ich dann sozusagen gezwungen, mich mit dem OER-Gedanken zu befassen. Das war der allererste Einstieg. Dann hatte ich 2016 ein Projekt im Rahmen des Fellowship für Innovation in der Digitalen Hochschullehre NRW. Im Rahmen der Förderung hat man sich verpflichtet, die Inhalte als OER zur Verfügung zu stellen. Aus dem Anlass habe ich mich intensiv mit dem Thema OER befasst. Seitdem ist meine selbst betriebene Lernplattform scheLM, spezielle chemische eLearning Module, auch als OER deklariert. Das heißt, alle Inhalte können beliebig weitergenutzt werden. Das ist aber natürlich bei einer Lernplattform etwas schwierig. Um hier den OER-Gedanken vollends zu erfüllen, müsste man eigentlich auch den Quellcode teilen. Diesen Schritt möchte ich in Zukunft gehen.

 

ORCA.nrw: Frau Mertineit, wie sind Sie zum Thema OER gekommen?

Mertineit: Auf zwei verschiedenen Wegen: Einerseits natürlich durch OER.DigiChem.NRW, unser OERContent.nrw Projekt, welches ich koordiniere. Bevor ich die Koordination übernommen habe, war ich sozusagen entgegengesetzt zu OER tätig, im Bereich bezahlte Bildung. In meinem Studium gab es im Fach Pädagogik aber immer wieder Berührungspunkte mit dem Thema OER. Insbesondere in meinem nebenberuflichen Psychologiestudium bemerke ich in den letzten Jahren immer stärker, wie die Open Access Bewegung größer wird und beispielsweise Studien-Fragebögen geteilt werden. Studierende oder auch Schüler*innen auf diesem Weg zu unterstützen, finde ich sehr gut. Ich empfinde es als für unser OERContent.nrw Projekt sehr gewinnbringend, dass ich diesen theoretischen Weg selbst in einem anderen Fachbereich miterlebe und ihn nun in unserem Projekt direkt praktizieren kann. Ich habe mich bewusst für OER entschieden, weil ich den Grundgedanken – Bildung sollte für alle möglich sein und alle erreichen – sehr gut finde. Ich kenne es aus der Studierendenperspektive noch sehr gut, dass es nicht immer möglich war, alles Material zu bekommen oder zu nutzen, weil es einfach keine offenen Angebote gab. Ich bin daher mit ganzem Herzen dabei und freue mich sehr über die Angebote, die mit der OERContent.nrw Förderlinie geschaffen werden.

 

ORCA.nrw: Worum geht es in Ihrem OERContent.nrw Projekt?

Schaper: Wir erstellen in unserem OERContent.nrw Projekt Lehrvideos – für das Fach Chemie und darüber hinaus. Unsere Lehrvideos sollen helfen, Kompetenzen bei der Nutzung von digitalen Werkzeugen zu entwickeln. Lehrvideos sind ein Kerngebiet des OER. Erklärvideos zu Word, PowerPoint, Excel – wenn man einen Lernraum auf Ilias oder Moodle bereitstellt, der zehn Videos enthält und dann nutzt ihn jemand weiter und sagt sich „Zwei der Videos passen für meine Studierenden nicht, die mache ich neu“ und nutzt die anderen acht – dann hat man den OER-Gedanken umgesetzt. Ich habe das Projekt gemeinsam mit Bert Zulauf von der Heinrich-Heine Universität Düsselorf, Dirk Burdinski und Matthias Hochgürtel von der TH Köln, sowie Claudia Bohrmann-Linde und Frank von Danwitz von der Bergischen Universität Wuppertal beantragt. Wir kennen uns schon länger. Unsere Projektidee kam sozusagen von den Studierenden. Meine Studierenden habe mich angesprochen, alle würden davon ausgehen, sie wären Digital Natives und brauchen deshalb keine Erklärungen, aber in Wirklichkeit haben sie Probleme mit der Software. Man muss wissen, wie geht man beispielsweise mit Formatierungen in Word um, damit am Ende ein gutes Inhaltsverzeichnis von Word erstellt werden kann. Wir haben also gesagt, wir wollen Lehrvideos drehen zum Thema Softwarenutzung, weil es da großen Bedarf gibt – hochschulübergreifend. Chemiespezifische Software – wie zeichne ich chemische Strukturen und werte Daten aus? – aber auch Literaturverwaltungssoftware, Fotografiesoftware – wie erzeuge ich gute Abbildungen im Labor? Daraus entstand unser Antrag. Wir haben ein didaktisches Konzept erstellt, weil wir natürlich viel mehr bieten wollen als noch ein Erklärvideo. Das sind ja teilweise auch Themen, zu denen es viele Erklärvideos im Internet gibt. Wir wollen mit unserem Projekt auch Awareness für Probleme schaffen. Niemand recherchiert „Wie strukturiere ich eine Bachelorarbeit?“, wenn der Person nicht bewusst ist, dass es zu Problemen führt, wenn man sich darüber nicht vorab Gedanken macht. Daher kam die Idee, wir produzieren Kurse durch die man sich durchklicken kann: Video für Video.

Ann-Kathrin Mertineit im Aufnahmestudio vor einem Greenscreen. ©Jennifer Kremper

Ann-Kathrin Mertineit vor dem Greenscreen im Studio. © Jennifer Kremper

 

ORCA.nrw: Frau Mertineit koordiniert das Projekt – wer ist noch in Ihrem Team und aus welchen Bereichen stammen die Mitarbeitenden? Woran arbeiten Sie momentan?

Schaper: Ursprünglich wollten wir das Projekt mit Hilfskräften abwickeln, wir haben uns dann aber für eine Koordination entschieden, weil man die umfangreiche Betreuung neben dem Tagesgeschäft nicht leisten kann.

Mertineit: Wir haben an unserem Standort an der HHU zehn studentische sowie wissenschaftliche Hilfskräfte. Wir legen sehr großen Wert auf Interdisziplinarität. Ich bin selbst auch keine Chemikerin, was für das Projekt ein Gewinn ist. Wir waren schon auf einigen Fachtagungen vertreten. Der Forschungsprozess ist natürlich ein großer Teil der Arbeit. Wir haben eine pre-Evaluation durchgeführt um zu schauen, wie bereiten wir den Lernraum am besten auf. Was sind Elemente in unseren Videos? Wie ist der Lerneffekt? Wir haben dafür eine Mixed Methode gewählt, also eine Kombination von Fragebogen und Interviews. Die Post–Evaluation werten wir gerade final aus.

 

ORCA.nrw: Was würden Sie beide Lehrenden raten, gibt es einen einfachen Weg in die Produktion von OER einzusteigen? Wie fängt man an?

Schaper: Die negative Botschaft, aber auch die ehrliche Botschaft, ist: Es gibt leider keinen einfachen Einstieg. Wenn man OER konzipiert, ist man gewissen Beschränkungen ausgesetzt, die man sonst nicht hat. Es gibt z. B. die 20%-Regel. Man darf unter bestimmten Voraussetzungen bis zu 20% einer Vorlesung aus einem Lehrbuch kopieren oder bis zu 20% der Abbildungen nutzen. In dem Augenblick, in dem ich in die volle Öffentlichkeit gehe – was man mit OER macht, man konzipiert sie nicht nur für die eigene Vorlesung – ist es schwieriger. Es ist Mehrarbeit, ich muss beispielsweise Abbildungen selbst erstellen, weil ich nicht auf die Abbildung aus dem Lehrbuch zurückgreifen kann. Man sollte sich also zunächst Gedanken machen, welche Materialien man verwendet, woher die Materialien stammen. Es gibt selbstverständlich auch OER-Abbildungen, die sind aber für sehr fachspezifische Themen nicht immer leicht auffindbar. Für eine Vorlesung OER zu konzipieren ist auf jeden Fall leichter, bei einem Seminar muss man auch noch das Recht am eigenen Bild aller Teilnehmenden bedenken. Eine Seminar-Diskussion lässt sich aus diesem Grund schwierig nachhaltig als OER aufbereiten. Aber ich möchte an dieser Stelle gar nicht so negativ auftreten: Für klassische Frontallehre kann man hervorragend OER erstellen. Im Zweifelsfall macht das vielleicht nicht mal Mehrarbeit, sondern Mehrkosten, weil man vielleicht zehn Abbildungen benötigt, die bestimmte Arbeitsschritte oder Aspekte zeigen. Wenn einem dann die Abbildungen aus der Literatur nicht gefallen, kann man in meinem Fach beispielsweise auch gut Mitarbeitende beauftragen, entsprechende Fotos oder Darstellungen zu erstellen – und Mitarbeitenden müssen natürlich bezahlt werden.

Mertineit: Der Mehraufwand ist insbesondere nicht so groß, wenn man bedenkt, dass man bei der erstmaligen Durchführung einer neuen Vorlesung, eines Seminars oder Workshop sowieso Vorbereitungsaufwand hat. Mit OER unterstützt man andere dabei, bei genau diesem Schritt weniger Aufwand zu haben, in dem sie auf vorhandenes Material aufbauen können. Für Studierende ist die OER-Bewegung auch eine tolle Chance: Sie können Arbeitserfahrung sammeln, herausfinden, wie es ist an der Hochschule zu arbeiten. Eine Chance für die Lehre, den Wissenschaftsprozess – Erkenntnisfortschritt für alle.

Schaper: Ich glaube, dass gerade Projekte wie die OERContent.nrw Projekte über die fachlichen Bezüge für Studierende unglaublich wertvoll sind. Es ist eine tolle Chance, einfach mal in die Welt der Hochschule hineingucken zu können.

Mertineit: Herausfordernd ist sicherlich auch noch die technische Ebene. Da hat aber schon die Pandemie gezeigt, wie viel mit kleinen Mitteln bereits möglich ist. Ich kann auch nur empfehlen, sich nicht zu scheuen, zu netzwerken und sich interdisziplinär auszutauschen.

 

ORCA.nrw: Was zeichnet den OER-Gedanken aus?

Schaper: Viele setzen OER damit gleich: Ein Video ist öffentlich verfügbar, zum Beispiel auf YouTube. Aber OER ist viel mehr. Wir erlauben bei CC-BY SA dem Nachnutzer, es anzupassen, zu modifizieren. Der Nachnutzer ist also eine Lehrperson, die sagt „Ja, das Video gefällt mir, aber ich muss es für meine Bedürfnisse anpassen“. Wenn man diesen Schritt mitdenkt, bedeutet das eigentlich, dass man nicht nur die Videos auf der Mediathek öffentlich zur Verfügung stellt, sondern auch die Drehbücher zur Verfügung stellen sollte – im Idealfall die rohen Schnittmaterialien. Das gehört zum OER-Gedanken. Anderes Beispiel: Ich kann meinen Kolleginnen und Kollegen die PowerPoint-Datei zur Verfügung stellen. Oder ich stelle die Datei zur Verfügung und alle genutzten Dateien separat, damit man sie anpassen kann. Das ist ein großer Schritt, weil ich nicht nur meinen Ordner mit den Dateien teilen sollte, sondern auch dazu sagen muss, welche Datei auf welcher PowerPoint Folie verwendet wurde. Und das ist Mehraufwand – aber das ist der wahre OER-Gedanke und nicht nur „ich mache das Material öffentlich“ oder „Ich veröffentliche ein Video“. OER werden oft mit Videos gleichgesetzt. Aber man muss versuchen, weiterzudenken: Was kann man alles als OER zur Verfügung stellen? Gerade wenn man an moderne Lehre denkt, kommt immer wieder das Stichwort Video, Video, Video. Es muss kein Video sein, es kann auch ein Lernmodul in ILIAS oder Moodle sein, es kann ein Online-Test sein, alles das wäre auch als OER möglich. Wenn beispielsweise in einer Sprachwissenschaft eine Textanalyse gemacht werden soll, in der Studierende Stilmittel identifizieren sollen, könnte man dazu doch den Studierenden eine Liste mit Stichpunkten zur Verfügung stellen, auf die sie achten sollen. Die Kolleginnen und Kollegen an anderen Hochschulen können diese Liste auch gebrauchen, also teilt man sie als OER. Dann kann jede Kollegin, jeder Kollege die Liste runterladen und bearbeiten. Damit hat man den wahren OER-Gedanken viel mehr erfüllt, als mit einer Vorlesungsaufzeichnung. Die Vorlesungsaufzeichnung stellt man nur öffentlich zur Verfügung, sie wird aber nie nachbearbeitet.

 

ORCA.nrw: Warum lohnt es sich, OER zu erstellen und sich den Herausforderungen zu stellen?

Schaper: OER lohnen sich insbesondere, wenn man sie für große Gruppen erstellt. Wenn viele Kolleginnen und Kollegen OER erstellen, nimmt man sich Arbeit ab. Wenn es einen Materialpool gibt, auf den man zurückgreifen kann, dann ist man nicht mehr darauf angewiesen, irgendetwas aus einem Lehrbuch zu nehmen. Stattdessen kann man auf gutes Material von Kolleginnen und Kollegen zurückgreifen und kann auch mit viel Freiheit darüber verfügen. Man kann die Materialien frei anpassen und weiterentwickeln. Wenn die OER– Bewegung ein bisschen wächst, ist das also ein Vorteil für alle. Im Moment ist es oft noch schwer, wirklich gutes Material zu finden. Das schwankt aber auch von Fach zu Fach, in den Bildungswissenschaften findet man schon jetzt eher OER als in den Naturwissenschaften. Ich finde, die Arbeit sollte sich lohnen: Warum sollte ich etwas nur für meine Studierenden machen, wenn es auch andere Studierende nutzen können? Das habe ich mir schon vor über 10 Jahren bei meiner selbst programmierten Lernplattform scheLM [spezielle chemische eLearning Module, verlinken] gedacht: Warum sollten nicht auch Studierende anderer Hochschulen sie nutzen dürfen?

Mertineit: Je mehr OERContent.nrw Projekte wir haben, umso mehr professionelles Material gibt es. Ich sehe es als Herausforderung, das Mindset zu ändern. Unabhängig von technischen oder didaktischen Voraussetzungen muss das Mindset da sein: Nur, weil ich etwas erstellt habe, muss es nicht nur für mich und meine Studierenden sein, sondern ich teile mein Material ganz bewusst – weil das Vorteile für alle hat.

Klaus Schaper vor einem Lightboard, auf welches er Begriffe notiert (z. B. OER).

Klaus Schaper vor einem Lightboard. © Peter Bernardi

 

ORCA.nrw: Gibt es vielleicht eine Fächerkultur, die sich besonders für OER eignet oder besonders schwierig ist? Gibt es aus Ihrer Sicht ein Fach, das besonders umtriebig im Bereich OER ist?

Schaper: Wenn ich die Kolleginnen und Kollegen aus der Hochschuldidaktik frage, ist die klassische Frontalvorlesung völlig out, obwohl ich glaube, dass sich alle Naturwissenschaftler einig sind, dass die Naturwissenschaften in vielen Bereichen durchaus die Berechtigung haben. Wenn ich als einfachstes OER-Medium die Vorlesungsaufzeichnung nehme, dann ist die Vorlesungsaufzeichnung einfach – eine Seminaraufzeichnung als OER zu veröffentlich ist fast unmöglich. Daher glaube ich, dass die Naturwissenschaften, die immer noch zu Frontalvorlesungen neigen – und ich glaube auch an vielen Stellen aus guten Gründen dazu neigen – dafür prädestiniert sind. In Fächern, die viel handwerklich arbeiten – Chemie, Biologie, Pharmazie, Physik, Teile der Medizin um einige zu nennen – bieten sich Lehrvideos zu handwerklichen Tätigkeiten an. Hier kann der OER-Gedanke kultiviert werden. Diese Themen sind so allgemein, dass es sich absolut anbietet, die Videos als OER zu produzieren und zur Verfügung zu stellen. Wie benutze ich dieses Gerät? Wie funktioniert jene Tätigkeit? Aber es kommt auch auf den Studienabschnitt an. Gerade in den Naturwissenschaften unterrichten wir auch Nebenfächer – erstes Semester Chemie für Medizinier, erstes Semester Chemie für Biologen. Dafür benötigen wir Übungsaufgaben. Etwas vorrechnen ist viel besser, als nur einen Lösungszettel zur Verfügung zu stellen. Ich kann beispielsweise einen Aufgabenzettel mit 20 Aufgaben erstellen, zu jeder der 20 Aufgaben stelle ich ein Lösungsvideo bereit, dann stelle ich den Zettel und die 20 Lösungsvideos zur Verfügung und jeder kann damit weiterarbeiten. Noch ein Video dazu drehen, den Aufgabenzettel für die eigenen Studierenden anpassen usw.. Ich glaube, die Geisteswissenschaften haben es da teilweise schwieriger. Die Juristen sind nach meinem Eindruck auch eher OER-freundlich.

Mertineit: Mein Eindruck ist, in den Bildungswissenschaften oder Geisteswissenschaften gibt es auch gute Möglichkeiten, OER zu produzieren und zu nutzen. Aber auf eine andere Weise, denn dort arbeitet natürlich niemand im Labor mit Chemikalien und muss dann praktisch irgendwas tätigen, woraus man ein Lehrvideo machen kann. Aber wenn ich beispielsweise an Statistik denke – für Statistiksoftware kann man doch tolle OER Videos produzieren. Der Grundgedanke funktioniert über alle Fächer hinweg – mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Man kann auch fächerübergreifend voneinander lernen. Übungszettel bieten sich in vielen Fächern an, Programme werden ebenso interdisziplinär genutzt.

 

ORCA.nrw: Wir haben vorhin schon über das Thema Urheberrecht gesprochen. Wie sieht es denn damit bei Erklärvideos aus, die die Nutzung einer Software erklären?

Schaper: Man muss sich den Dreh natürlich genehmigen lassen. Microsoft Office genehmigt Erklärvideos beispielsweise pauschal, solange man die Software nicht verändert. Die Reaktionen der Softwarehersteller waren aber sehr unterschiedlich. Manche waren sehr verwundert über unsere Anfrage, weil sie noch nie jemand vorher gefragt hat. Ein anderer Hersteller hat uns zu einem zweistündigen Workshop eingeladen, weil der Hersteller annahm, wir können noch gar nicht alle Tricks und Kniffe kennen.

 

ORCA.nrw: Was wünschen Sie sich von und für ORCA.nrw?

Schaper: Ich wünsche ORCA.nrw eine erfolgreiche Aufbauphase.

Mertineit: Da schließe ich mich an. Außerdem wünsche ich ORCA.nrw eine hohe Sichtbarkeit. Die Dozierenden, die Studierenden, die Schülerinnen und Schüler müssen von ORCA.nrw erfahren. Über das Netzwerk Landesportal ORCA.nrw, über die Geschäftsstelle, über die Hochschulleitungen….

 

ORCA.nrw: Vielen Dank für das Gespräch!

 

 

Die Interviewpartner*innen

PD Dr. Klaus Schaper ist Arbeitsgruppenleiter am Institut für Organische Chemie I an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf. Er engagiert sich seit Jahren im Bereich digitale Lehre. Die von ihm produzierten Videos sind unter CC BY lizensiert und können in der Mediathek der HHU eingesehen werden. Außerdem hat er eine E-Learning Plattform aufgebaut, die spezielle Fragestellungen, Bedürfnisse und Aufgabentypen in der Chemie adressiert. Die Plattform ist öffentlich zugänglich und die Inhalte sind CC BY-SA lizensiert. Für sein Engagement wurde er u. a mit dem Fellowship Innovation in der digitalen Hochschullehre ausgezeichnet.

Ann-Kathrin Mertineit koordiniert das OERContent.nrw Projekt OER.DigiChem.NRW und kümmert sich um die quantitative und qualitative Forschung im Projekt. Mediendidaktik sowie quantitative und qualitative Forschung waren auch die Schwerpunkte Ihres Masterstudiums der Erwachsenen- und Weiterbildung. Bevor sie zu OER.DigiChem.NRW kam, hat sie in der Weiterbildungsbranche E-Learning Projekte begleitet. Sie hat schon im Rahmen ihres Studiums vielfältige Projekte umgesetzt, beispielsweise die Planung, Entwicklung, Umsetzung und Evaluierung einer Erste Hilfe App. In Anstellungen als studentische und wissenschaftliche Hilfskraft in den Bereichen Mediendidaktik, betrieblich-berufliche Weiterbildung und empirische Sozialforschung hat sie mediengestützte Lernangebote entwickelt.

Musik für Lehrvideos auf ORCA.nrw: OER Tracks

Gute freie Musik für Lehrvideos oder Podcasts ist rar – da kommt das neue OER-„Mixtape“ auf ORCA.nrw wie gerufen! Die 30 „OER Tracks“ sind in einem Projekt der FH Dortmund entstanden, das die ORCA.nrw-Netzwerkstelle Dr. Sina Nitzsche ins Leben gerufen hat. 10 junge Künstler*innen aus NRW haben die Tracks im Rahmen des Corona-Soforthile-Programms der DH.NRW komponiert und selbst eingespielt.

Alle Tracks stehen unter der Lizenz CC BY 4.0 – das bedeutet, Sie dürfen die Musik nicht nur frei nutzen, sondern auch verändern – kürzen, mixen und adaptieren. Viel Spaß beim Anhören und Nutzen! ?

Hier können Sie die OER Tracks auf ORCA.nrw anhören und herunterladen

In dem kurzen Erklärvideo “OER Tracks and the ORCA.nrw Network: Promoting OER in Higher Education“ (Youtube-Link, englischsprachig) stellen Dr. Sina Nitzsche und andere ORCA.nrw-Netzwerkstellen das Projekt kompakt vor.

HessenHub: Ausschreibung OER-Preis

Der HessenHub – Netzwerk digitale Hochschullehre Hessen lädt noch bis zum 15.3. ein, OER zur Teilnahme am erstmals ausgeschriebenen OER-Preis einzureichen. Gesucht werden „originelle, bereits nutzbare OER“ aus Hessen. Diese sollen im OER-Späti (Sammlung von OER aus Hessen) eingetragen und frei zugänglich sein. Sie sollten nicht bereits durch eine Förderlinie in Hessenhub oder dem digLL-Projekt gefördert worden und nicht in diesen Projekten angestellt sein.“ Derzeit sind die Nutzungs- und Veröffentlichungsbedingungen für den Späti OER-Angeboten der hessischen Hochschulen vorbehalten.

Was gibt es zu gewinnen? Es gibt fünf Hauptpreise, aus denen die Preistäger:innen auswählen dürfen – u.a. eine GoPro Max und eine Okulus Quest 2 VR Brille – sowie weitere Sachpreise. Mit den Preisen möchte der HessenHub die weitere Produktion von OER in Hessen fördern. Weitere Informationen zum Preisausschreiben gibt es beim HessenHub: https://www.hessenhub.de/oer-material/oer-preis-ausschreibung/