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Robin Schönstein: „Wissenschaft bleibt nicht stehen – Lehre sollte es auch nicht“

„Bildung für nachhaltige Entwicklung – OER“ (BNE-OER) ist ein Projekt im Rahmen der Förderlinie OERContent.nrw. Ziel ist es, angehenden Pädagoginnen und Pädagogen BNE-relevante Inhalte und Fragestellungen nahezubringen. Neben der Universität zu Köln (UzK) sind die Fachhochschule Südwestfalen sowie die Bergische Universität Wuppertal beteiligt. Robin Schönstein von der UzK erklärt im Interview, warum OER aus seiner Sicht ein wichtiger Beitrag in der Hochschullehre sind.

 

Herr Schönstein, warum sollte man OER nutzen und bereitstellen?

Robin Schönstein: „Alles, was wir wissenschaftlich produzieren, veröffentlichen wir, damit andere darauf aufbauen können. Das ist das Prinzip von Wissenschaft. Das Prinzip ist aber in der Lehre und in der Didaktik bisher kaum verankert. Wenn man einen Kurs für die universitäre Lehre entwirft, wird dieser meist nur von einem Dozenten genutzt und nur wenige Male umgesetzt. OER bietet die Möglichkeit, dass das nicht passiert. Durch OER können wir das Wissen auch aus der Lehre verbreiten und anderen zugänglich machen.“

 

Wann haben Sie persönlich von OER profitiert?

Schönstein: „In unserem Projekt ‚BNE-OER‘ haben wir verschiedene Lehreinheiten entwickelt, die ich direkt in meinem Seminar anwenden konnte. Dabei ging es auch um Themen wie zum Beispiel ’nachhaltige Lieferketten‘, in denen ich nicht der absolute Experte bin. Ich habe die Inhalte aber nehmen können und so vom Fachwissen meines Kollegen profitiert.“

 

Welches OER-Material ist Ihnen in besonderer Erinnerung geblieben?

Schönstein: „Das oben angesprochene Material zu nachhaltigem Konsum hat mir wirklich sehr geholfen. Dabei ging es um interessante Themen wie nachhaltige Kleidung oder den Konsum von Elektrogeräten. Es wäre sicher auch möglich gewesen, das Material selbst zu erstellen oder zusammenzustellen, das wäre aber viel aufwendiger gewesen, und darüber hinaus war in dem Falle der Ersteller auch ein absoluter Fachmann auf diesem Gebiet.“

 

Was wünschen Sie sich, wenn Sie Material veröffentlichen?

Schönstein: „Ich hoffe, dass es gesehen und genutzt wird. Noch viel wichtiger finde ich aber, dass es nicht als fertig angesehen, sondern sukzessive verbessert wird. So wie Wissenschaft nicht stehenbleibt, sollte auch Lehre nicht stehenbleiben. Ich freue mich also drauf, wenn unser Material heruntergeladen, weiterentwickelt und dann wieder veröffentlicht wird.“

 

 

Zur Person:

Robin Schönstein promoviert seit April 2022 am Institut für Geographiedidaktik an der Universität zu Köln. Seinen Bachelor und Master auf Lehramt in Geographie und Geschichte absolvierte er an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, arbeitete anschließend als Grundschullehrer in Solingen und wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Ruhr-Universität Bochum. Im Projekt BNE-OER ist er seit Beginn involviert.

 

 

Auf LinkedIn präsentiert Robin Schönstein seine „3 Gründe für OER“.

Fabian Dillenhöfer: „Abgucken ist ausdrücklich erwünscht“

Passgenau und fachübergreifend einsetzbare Open Educational Resources (OER) für das Modul „Technisches Zeichnen“ wurden im Projekt TZdigital.nrw erstellt. Sie können in 18 Studiengängen eingesetzt werden und sind im Materialpool von ORCA.nrw zu finden. TZdigital ist eines von 18 Projekten, die im Rahmen der ersten OERContent.nrw-Förderlinie vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit der Digitalen Hochschule NRW gefördert wurden. Projektkoordinator Fabian Dillenhöfer von der Technischen Universität Dortmund war von Beginn der Antragstellung über den Förderzeitraum von zweieinhalb Jahren mit dabei. Er erklärt im Interview mit ORCA.nrw nicht nur, für wen sich das erstellte Material eignet und wie es eingesetzt werden kann, sondern berichtet auch von der Zusammenarbeit mit sieben Hochschulen in einem Projekt.

 

Herr Dillenhöfer, auf der Homepage der Digitalen Hochschule NRW heißt es: „OERContent.nrw ist die größte bundesweite Förderlinie für offene Bildungsressourcen. Durch die Förderlinie soll der Nutzen von frei zugänglichen Lehr- und Lernangeboten für Lehrende und Studierende erkennbar und erfahrbar werden.“ – Worin liegt der Nutzen von OER Ihrer Meinung nach?

Fabian Dillenhöfer: Ganz klar in der Zeitersparnis und Arbeitserleichterung. Es ist als Lehrender einfacher, wenn man in der Lehre neu ist und auf OER-Material zurückgreifen kann. Darüber hinaus regt OER zu Vernetzung und Austausch an. Zwischen Universitäten und Fachhochschulen, Fachkolleginnen und -kollegen, aber auch zwischen Studierenden, wenn sie das Material zum Lernen oder zur Prüfungsvorbereitung nutzen. Es ist ein gutes Angebot, sich austauschen zu können.

 

Wieso eignet sich ausgerechnet das Modul „Technisches Zeichnen“ für die Erstellung von OER?

Dillenhöfer: Das Modul ist ein absolutes Grundlagenfach, viele Inhalte sind stark standardisiert, zum Beispiel durch deutsche Industrienormen. Es bietet sich hervorragend für die Erstellung von OER an. Außerdem sind die Inhalte sehr stabil in der zeitlichen Hinsicht. Es kommen nicht viele Neuerungen hinzu, sodass der Aufwand der Überarbeitung gering ist. Aber das sind nur die praktischen Vorteile. Wir erreichen mit den Materialien eine große Zielgruppe, da technisches Zeichnen in vielen Studiengängen gelehrt wird. Es sind Lehr-/Lerninhalte, die viele Hochschulen brauchen.

 

Sie sagen, dass das Material in 18 Studiengängen Anwendung finden kann.

Dillenhöfer: Genau, das Material deckt eine sehr große Bandbreite ab. Hauptsächlich Studiengänge im Ingenieurwesen, wie zum Beispiel Maschinenbau, Logistik oder Wirtschaftsingenieurwesen. Im Maschinenbau beschäftigen wir uns gerade in den ersten Semestern damit. Dadurch, dass die Lernziele nach dem Constructive-Alignment-Prinzip (siehe Abbildung) von Beginn an transparent gemacht werden, wird nicht nur nachweislich die Motivation der Studierenden gefördert. Es ermöglicht ihnen und auch den Lehrenden darüber hinaus einen Abgleich mit ihren Modulhandbüchern und somit eine passgenaue Prüfungs- oder Lehrvorbereitung entlang verschiedener Komplexitätsebenen. Studierende wie Lehrende werden unterstützt, indem sie sich explizit die Bausteine rausnehmen können, die sie benötigen.

Abbildung Constructive Alignment

Das Constructive-Alignment-Prinzip

Bleiben wir bei den Studierenden. Welches Vorwissen müssen sie mitbringen?

Dillenhöfer: Bereits im ersten Semester kann sehr gut mit dem Material gearbeitet werden, da kein Vorwissen nötig ist. Aber auch Studierende höherer Fachsemester werden sich nicht langweilen, da die Lerneinheiten je nach Anforderung modular und adaptiv gestaltet sind. Es können entlang unserer Lernlandkarte verschiedene E-Learning-Formate wie zum Beispiel interaktive Präsentationen, Lernvideos oder virtuelle Labore durchlaufen werden. Es gibt auch ein paar Spiele und Kreuzworträtsel. Wir haben den Fokus auf H5P-Elemente gesetzt und sie in Moodle implementiert.

 

Am jüngsten Projekt, das wir im ORCA.nrw-Blog vorgestellt haben, waren sechs Hochschulen beteiligt. Es war das Projekt WILMO aus dem Bereich Wirtschaftsinformatik. Wir waren neugierig, wie die hochschulübergreifende Zusammenarbeit in einem so großen Verbundprojekt koordiniert wird. Wie ist Ihnen das geglückt?

Dillenhöfer: An TZdigital haben ja sogar sieben Hochschulen und Universitäten mitgewirkt. Neben der Technischen Universität Dortmund als Konsortialführerin auch die Ruhr-Universität Bochum, die Bergische Universität Wuppertal, die Hochschule Bochum, die Fachhochschule Südwestfalen, die Fachhochschule Dortmund und die Hochschule Hamm-Lippstadt. Es wären sogar noch mehr motiviert gewesen mitzumachen. Wir haben gemerkt, dass viele ähnliche Themen und ähnliche Ideen schon da waren, von daher haben es alle als sinnvoll empfunden, sich zusammenzutun und das Material gemeinsam zu entwickeln. Es ist fast wie von alleine gelaufen. Wir haben zuerst geschaut, welche Expertise jede Hochschule hat und welche Themen sie abdecken. Daraus haben wir mit jeweils zwei bis drei Projektpartnern Arbeitsgruppen gebildet, und in diesen Gruppen wurde dann je ein Thema bearbeitet. Die Coronapandemie hat dabei Vieles befördert. Vorher hieß es „Die Software braucht man nicht!“ und auf einmal war man auf digitale Lehre angewiesen, und die Server wurden eingerichtet. Mit den verbesserten Rahmenbedingungen war es für uns dann wesentlich leichter, das Material zu entwickeln. Durch monatliche Projekttreffen, die digital stattgefunden haben, hat ein regelmäßiger Abgleich stattgefunden. Für die finale Qualitätssicherung hat das Material dann einen Review-Prozess in der Breite, mit externen Projektpartnerinnen, durchlaufen.

 

TZdigital ist mit dem Förderzeitraum von Oktober 2020 bis März 2023 ein abgeschlossenes Projekt. Haben Sie dennoch offene Wünsche?

Dillenhöfer: Wir sind natürlich daran interessiert, dass das Material nachgenutzt und auch langfristig aktuell gehalten wird. Der ganze Kurs steht vollständig auf ORCA.nrw zum Download zur Verfügung. Wir sind von der Qualität der Lehr- und Lerninhalte überzeugt und freuen uns, je häufiger die Materialien beim Lernen genutzt oder in der Lehre eingesetzt werden. Alle Nutzenden sind dazu eingeladen, sie weiterzuentwickeln und auf ihre eigenen Problematiken anzuwenden. Abgucken ist also ausdrücklich erwünscht.

Porträt von Fabian Dillenhöfer

 

Zur Person:

Fabian Dillenhöfer (30) ist seit 2019 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Maschinenelemente an der Technischen Universität Dortmund. Seit der Beantragung organisiert er das durch die OERContent.nrw-Förderlinie unterstützte Projekt TZdigital.nrw. In diesem Projekt mit sieben Partnerhochschulen (Bergische Universität Wuppertal, Ruhr-Universität Bochum, Hochschule Bochum, Hochschule Hamm-Lippstadt, Fachhochschule Südwestfalen, Fachhochschule Dortmund) wurden im Förderzeitraum von Oktober 2020 bis März 2023 Lehr-/Lernmaterialien für das Technische Zeichnen im Maschinenbau erstellt.

10/2023: ORCA.nrw zum Studieneinstieg

Im Oktober standen bei ORCA.nrw die Studierenden im Fokus – genau gesagt die Erstsemester-Studierenden. Mit besonderen Angeboten unterstützt sie das Landesportal, um einen perfekten Start ins Studium zu ermöglichen. Darüber hinaus werfen zwei Tagungen ihre Schatten voraus und verschiedene interessante OER-Projekte standen im Fokus. Das alles lesen Sie wie gewohnt im Monats-Überblick „Neues aus der Geschäftsstelle“.

 

Anna SancilloBegrüßung der Erstsemester-Studierenden

Das neue Semester ist gestartet, und an Nordrhein-Westfalens Hochschulen wurden im Oktober natürlich auch alle Erstsemester-Studierenden begrüßt. Um sie beim Einstieg ins Studium bestmöglich zu unterstützen, hat das Landesportal ORCA.nrw in diesem Monat in besonderem Maße auf die speziell zusammengestellten Inhalte auf der Seite Studieneingangsphase aufmerksam gemacht. In zahlreichen Begrüßungs-Tüten an den Hochschulen freuten sich die Erstsemester-Studierenden über Postkarten mit Link zu den Online-Angeboten, darüber hinaus informierten die ORCA.nrw-Netzwerkstellen wie Anna Sancillo an der Hochschule Bonn-Rhein-Sieg (im Bild) persönlich. Im Bereich der Studieneingangsphase finden Studierende auf ORCA.nrw unter anderem digitale und kostenfreie Online-Kurse zur Vorbereitung auf Bereiche wie Mathematik oder wissenschaftliches Arbeiten. Vorbeischauen lohnt sich!

 

Noch anmelden zur ORCA.nrw-Tagung

Der Countdown läuft: In gut einem Monat, am 28. November, findet die zweite offizielle Tagung vom Stifterverband und ORCA.nrw unter dem Motto „Digitale Transformation der Hochschullehre“ im Veranstaltungszentrum an der Ruhr-Universität Bochum statt. Die Anmeldung zur Veranstaltung ist noch möglich, aufgrund der hohen Nachfrage sollten sich Interessierte aber beeilen. Auf dieser Seite finden Sie alle Informationen, und dort werden in den kommenden Tagen auch weitere Neuigkeiten zum Programm veröffentlicht.

 

InDigO-Tagung in Paderborn

An der Universität Paderborn findet bereits in der Woche zuvor, am Freitag, den 24. November, die Tagung des Projekts InDigO statt. Im InDigO-Projekt wird am Beispiel der Themen Inklusion und inklusive Medienbildung untersucht, wie und unter welchen Voraussetzungen Lehrende in Lehramtsstudiengängen OER in ihre Lehre einbinden können. Insgesamt sind sieben NRW-Hochschulen sowie das Landesportal ORCA.nrw beteiligt. Auf der Tagung steht der interdisziplinäre Austausch über eine Kultur des Teilens im Fokus. Anmeldungen sind hier möglich.

 

Projekte stellen sich vor

Die beliebte Veranstaltungsreihe „Lehre verbindet NRW“ von HD@DH.nrw und ORCA.nrw bot auch im Oktober wieder ein Highlight. Fabian Dillendörfer von der TU Dortmund stellte die Arbeit des OERContent.nrw-geförderten OER-Projekts „TZdigital.nrw“ vor. Für alle, die nicht dabei sein konnten: In den kommenden Wochen wird es ein ausführliches Porträt über das Projekt in unserem ORCA.nrw-Blog geben. Im November geht die Reihe übrigens weiter, unter anderem stellt sich am 16. November das OERContent.nrw-Projekt „LArS.nrw“ vor, in dem ein digitales Lehr-Lern-Angebot für angehende Lehrkräfte in sozialwissenschaftlichen Fächern entwickelt wird. Alle Infos zu „Lehre verbindet NRW“ sowie die Anmeldeoptionen finden Sie hier.

 

OER-Tipp des Monats

Für den OER-Tipp des Monats Oktober hat man am besten ein VR-Headset parat. Es wird virtuell, und möglich macht das das Projekt „Extended Reality in der Lehre“. Unter der Leitung von Prof. Dr. Karsten Lehn wurden an der FH Dortmund OER-Materialien erstellt, die Studierenden sehr praxisorientiert die Grundlagen von Extended Reality, einer Bündelung von Augmented und Virtual Reality, nahebringt. Mithilfe der Materialien sollen Studierende auch erste eigene XR-Applikationen erstellen können. Mehr dazu gibt’s hier

„Ein hochwertiger Grundstock schafft mehr Zeit für innovative Lehre“

Mal angenommen, Lehrende hätten einen Baukasten, aus dem sie je nach Bedarf und ohne lange zu suchen Lehrmaterialien aller Art für ihre Veranstaltungen nehmen und weiterentwickeln können. Durch Prof. Christian Czarnecki und Prof. Martin Wolf wird dieses Szenario im Bereich der Wirtschaftsinformatik in Nordrhein-Westfalen bald Realität. Die beiden leiten das OERContent.nrw-Projekt WILMO (Wirtschaftsinformatik Lehr- und Lern-Module), in dem insgesamt sechs Hochschulen aus NRW einheitliches Lehr- und Lernmaterial erstellen. Wie genau das aussehen soll, was Lehrende künftig mit hinzugewonnener Zeit machen können und wie in einem so großen Projekt überhaupt die Zusammenarbeit funktioniert, verraten Czarnecki und Wolf im Interview.

 

„Jeder Dozent ist erst einmal ein, zwei Jahre damit beschäftigt, seine Lehrmaterialien zusammenzustellen. Diese Zeit kann er ja besser nutzen.“ Die Aussage stammt von Ihnen, Herr Prof. Wolf. Wenn Sie als junger Lehrender schon auf einen Grundstock an Lehrmaterialien hätten zurückgreifen können – was hätten Sie in den zwei Jahren gemacht?

Prof. Martin Wolf: (schmunzelt) Verdammt viel vermutlich. Ich muss gestehen, dass ich früher auch auf Materialien zurückgegriffen habe, die über die Verlage veröffentlicht wurden. Ich habe zu Beginn auch in Fächern unterrichtet, für die ich gar nicht berufen worden war – Kostenrechnung zum Beispiel. Da haben mir die vorhandenen Materialien sehr geholfen. In anderen Bereichen hätte ich mir hingegen gewünscht, dass es schon damals einen Grundstock an sortiertem und qualitativ hochwertigem Material gegeben hätte, da viel Arbeit in die Erstellung von Folien und Lernmaterialien geflossen ist.

 

Genau hier setzen Sie mit Ihrem Projekt WILMO an. Können Sie die Idee einmal beschreiben?

Wolf: Die Wirtschaftsinformatik ist hier in Aachen noch sehr jung. Als ich vor zwölf Jahren als Dozent an der FH Aachen angefangen habe, gab es die Wirtschaftsinformatik noch gar nicht. Ich selbst habe einen Informatik-Hintergrund, und zusammen mit meinem Kollegen Prof. Stephan Jacobs aus der BWL kam die Idee auf, das zu ändern. Also haben wir 2016 den ersten Wirtschaftsinformatik-Studiengang in Aachen auf die Beine gestellt. Damals stand ich wieder vor der Problematik, eine Vorlesung aufbauen zu müssen: Für die Einführung in die Wirtschaftsinformatik konnte man auf unzählige Literatur und unendlich viel Verlagsarbeit zurückgreifen. Das war mir aber alles nicht gut genug – entweder zu speziell oder zu theoretisch, aber nie das, was ich haben wollte. Da habe ich eine Lücke gesehen. Dass wir noch kein starkes Setting für die Einführung in der Wirtschaftsinformatik haben, spiegelt sich auch in der Meinung vieler Kollegen wieder. Das wollen wir mit unserem Projekt WILMO ändern.

 

Durch WILMO sollen 40 bis 60 Prozent der im Grundstudium benötigten Materialien abgedeckt sein. Können Sie den Aufbau einmal erklären, Herr Prof. Czarnecki?

Prof. Christian Czarnecki: Es stimmt, wir wollen mit WILMO bei den Kernfächern des Wirtschaftsinformatikstudiums den Grundstock abdecken. Dafür werden wir einen Baukasten aus ganz vielen Materialien zur Verfügung stellen, in dem Vorlesungsinhalte, Screencasts, Fallstudien, Übungen, Prüfungsaufgaben und mehr enthalten sind. Dozierende haben dann die Möglichkeit, ihre Vorlesungen mit unserem Material zu gestalten und vor allem mehr Freiraum, weil sie nicht alles selbst erstellen müssen. Wir würden uns freuen, wenn sie diesen Freiraum nutzen würden, um neue Lehrkonzepte auszuprobieren. Flipped Classroom, projektorientierte Lehrveranstaltungen oder fallstudienorientierte Lehrveranstaltungen zum Beispiel. Und die andere Idee ist, Studierenden die Möglichkeit zu geben, sich das Material anzuschauen. Da an unserem Projekt sechs Hochschulen beteiligt sind, haben wir in NRW einen großen Konsens in der Wirtschaftsinformatik.

 

Die Wirtschaftsinformatik gilt als dynamische Fachrichtung. Ist es deswegen besonders wichtig, Lehrenden Freiraum für neue und moderne Lehrkonzepte zu ermöglichen?

Czarnecki: Die Wirtschaftsinformatik ist eine Mischung aus etablierten Methoden und Modellen, um die digitale Transformation zu gestalten sowie ganz jungen Themen wie Künstliche Intelligenz, Chatbots oder Robotic Process Automation, mit denen wir uns intensiv beschäftigen und beschäftigen müssen. Wenn wir jetzt durch WILMO den Grundstock liefern, können wir uns noch stärker um die innovativen Themen kümmern. An der FH Aachen haben wir im Wirtschaftsinformatik-Studium einen sehr breit gefächerten Wahlpflichtkatalog, in dem diese innovativen Themen sehr wichtig sind.

 

Sie haben einmal gesagt, dass vermutlich keine Dozentin und kein Dozent Lehrmaterialien zu 100 Prozent übernehmen würde, Herr Wolf. Wie passt das zum Ansatz von WILMO?

Wolf: Es stimmt, den roten Faden muss ich als Dozent immer selbst festlegen. Ich kann zwar auf das Lehrmaterial zurückgreifen, aber vielleicht möchte ich einige inhaltliche Aspekte in der Veranstaltung bewusst betonen oder manche auch weglassen. Dabei ist es hilfreich, dass ich nicht mit Power-Point-Karaoke anfangen muss. Ich muss mir zu Stichpunkten nichts ausdenken, sondern weiß, dass es fundiert aufgearbeitet ist und kann auf dieses Wissen frei zurückgreifen, es sogar erweitern und nach meinen Bedürfnissen aufbereiten. Da alle Materialien OER sind, habe ich auch alle Freiheiten. Ich spare einfach enorm viel Zeit, wenn ich Hintergrundmaterialien schnell finden und nutzen kann.

Czarnecki: Das genau ist die Idee des Baukastens. Wir wollen keine monolithische Veranstaltung zur Verfügung stellen, sondern jede und jeder kann sich an den einzelnen Bausteinen bedienen und diese flexibel zu seiner eigenen Veranstaltung zusammenbauen. 

 

Am Projekt sind insgesamt sechs Hochschulen beteiligt. Wie koordinieren Sie die Arbeit untereinander?

Czarnecki: Dass wir in einem so umfangreichen Projekt arbeiten, macht es so besonders, stellt uns aber auch vor einige Herausforderungen. Zum einen benötigen wir eine gewisse Projekthierarchie mit einem Projektmanagement-Team und verschiedenen Regelterminen, zum anderen wollen wir aber bewusst eine flache Hierarchie, damit neue Ideen zwischen den einzelnen Teams entstehen können. Darüber hinaus haben wir einen Beirat gegründet, der eine Außenperspektive einnimmt, und einen Qualitäts-Management-Prozess aufgesetzt.

 

Stimmt es, dass im Beirat auch Studierende involviert sind?

Czarnecki: Ganz genau. Das ist uns auch ganz wichtig. Wir haben den Beirat bewusst sehr heterogen besetzt: mit Studierenden, Unternehmensvertretern oder Professorinnen und Professoren aus anderen Hochschulen, um viele neue Impulse zu erhalten.

 

Ein Pfund Ihres Projekts ist, dass Sie durch die sechs beteiligten Hochschulen und potenziell über 4.000 Studierenden im Fachbereich eine breite Basis haben, die die erstellten Materialien künftig nutzen können.

Czarnecki: Unser Ziel war von Anfang an, dass die Materialien so flächendeckend wie möglich genutzt werden. Wir wollten kein Papier ohne Mehrwert produzieren, deswegen haben wir zuallererst mit allen Beteiligten eine lange Liste an Lehrveranstaltungen gesammelt, in denen die Materialien eingesetzt werden können. Sie sollen an allen beteiligten Hochschulen und bestenfalls darüber hinaus den Weg in die Praxis finden.

Wolf: Zudem ist die Gemeinschaft der Wirtschaftsinformatik-Lehrenden in Deutschland eine sehr eingeschworene Community. Einmal im Jahr findet beispielsweise die Konferenz des AKWI (Arbeitskreis Wirtschaftsinformatik an Hochschulen für angewandte Wissenschaft, deren Stellvertretender Sprecher aktuell Prof. Czarnecki als Nachfolger von Prof. Wolf ist, Anm. d. Red.) statt, auf der sich fast alle Lehrenden aus unserem Bereich aus Deutschland treffen. Über diesen Hebel haben wir auch die Möglichkeit, WILMO über NRW hinaus bekannt zu machen.

 

Was würden Sie Lehrenden auf der Konferenz mit auf den Weg geben: Warum sollten sie die OER-Materialien nutzen?

Wolf: Wenn das WILMO-Projekt zu Ende ist und wir qualitativ hochwertiges OER-Material in der Wirtschaftsinformatik haben, bin ich sicher, dass sich unsere OER von selbst durchsetzen werden. Zum einen, weil die Zeitersparnis enorm ist. Zum anderen, weil man auf unter Fachleuten abgestimmtes Material zurückgreifen kann. Das ist dann ein Standard, auf man sich in seiner Lehre hervorragend verlassen kann.

 

 

Zu den Personen

Prof. Dr.-Ing. Christian Czarnecki ist seit 2015 Professor für Wirtschaftsinformatik, seit 2021 an der FH Aachen. Er verfügt über mehr als 15 Jahre Berufserfahrung in der Unternehmensberatung und leitete zahlreiche nationale und internationale Projekte. Seit 2022 ist Czarnecki Leiter des OERContent.nrw-Projekts WILMO.

Prof. Dr.-Ing. Martin R. Wolf ist seit 2011 Professor im Fachbereich Elektrotechnik und Informationstechnik an der Fachhochschule Aachen. Sein aktuelles Lehrgebiet ist Management von Informationstechnologie. Wolf ist zudem Vizepräsident der Gesellschaft für Informatik e.V. und Geschäftsführer der snaac-it GmbH. Seit 2022 ist er stellvertretender Leiter des OERContent.nrw-Projekts WILMO.

Materialpool wächst – Meilenstein für ORCA.nrw

Digitale Lehre und offene Bildung in Nordrhein-Westfalen nehmen weiter Fahrt auf: Allein in den vergangenen sechs Monaten hat sich das abrufbare Material auf dem Landesportal ORCA.nrw fast verdreifacht. Durch den Anstieg sind mittlerweile über 1.000 in NRW erstellte Bildungsmaterialien mit offener Lizenz verfügbar. Und die Tendenz ist steigend.

 

PD Dr. Markus Deimann, Geschäftsführer von ORCA.nrw, sagt: „Ein großes Dankeschön den zahlreichen OER-Erstellerinnen und -Erstellern in NRW. Wir freuen uns sehr, dass wir nach dem erfolgreichen technischen Aufbau des Landesportals schon jetzt so viele qualitativ hochwertige Materialien aus verschiedenen Fachrichtungen erhalten haben und es immer mehr werden. 1.000 offene Bildungsressourcen aus Nordrhein-Westfalen – ein erster Meilenstein, aber vor allem die Grundlage, um unseren Materialpool für alle Nutzerinnen und Nutzer weiter auszubauen und noch attraktiver zu machen.“

 

Breites Themenspektrum verfügbar

Dabei deckt das Material auf dem Landesportal alle sieben großen Fachbereiche ab. 43 Prozent der verfügbaren Ressourcen sind den Ingenieurwissenschaften zugeordnet, dahinter folgt mit 38 Prozent der Bereich der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, auf Rang drei mit jeweils 28 Prozent die Geisteswissenschaften sowie Mathematik/Naturwissenschaften. Mehrfache Zuordnungen bei Materialien sind im Upload möglich. ORCA.nrw bietet nicht nur ganze Kurse an, sondern durch zahlreiche Einzelmaterialien wie Videos oder Textdokumente einen bunten Blumenstrauß, der direkt für die Lehre und fürs Lernen genutzt oder aufgrund der offenen Lizenzierung weiterentwickelt werden kann.

 

Beliebtes Material aus Förderlinien

1.000 Materialien aus Nordrhein-Westfalen sollen erst der Anfang sein. Aktuell werden fast täglich weitere erstellte Inhalte freigeschaltet, zum Beispiel aus den Projekten der ersten Förderrunde der OERContent.nrw-Förderlinie. In den Projekten der zweiten Förderrunde wird ebenfalls auf Hochtouren gearbeitet, Anfang Mai wurden die geförderten Projekte aus der dritten Förderrunde bekanntgegeben. Auch die hochwertigen Materialien, die in diesen Projekten erstellt werden, werden in Zukunft allesamt auf dem Landesportal ORCA.nrw verfügbar sein.

Und damit nicht genug: Über den stetig wachsenden Pool qualitätsgeprüfter offener Bildungsressourcen aus NRW hinaus können Lehrende und Studierende über die Suchfunktion von ORCA.nrw über 70.000 weitere Materialien finden. Durch die Anbindung an den Suchindex OERSI erhalten Nutzende ein riesiges Spektrum an offenen Bildungsressourcen aller Fachrichtungen und Medienformen. Dafür muss bei der Suche lediglich die Auswahl „Nur ORCA.nrw-Inhalte anzeigen“ deaktiviert werden.

6/2023: OERContent.nrw erfreut sich großer Beliebtheit

Der Sommer hat begonnen, doch die Arbeit beim Landesportal ORCA.nrw geht natürlich weiter. Neben Veranstaltungen der Reihe „Lehre verbindet NRW“ hat unter anderem auch wieder ein OER-Fachtag stattgefunden. ORCA.nrw-Geschäftsführer PD Dr. Markus Deimann war über die Landesgrenzen hinaus unterwegs und eine Meldung aus dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft (MKW) sorgte für fröhliche Gesichter.

 

OERContent.nrw erfreut sich großer Beliebtheit

Das Interesse an der Förderlinie OERContent.nrw des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft steigt weiter: Insgesamt 68 Anträge sind für die dritte Förderrunde eingegangen, Anfang Juni wurden die zwölf Projekte vermeldet, die den Zuschlag erhalten haben. Nach der gut zweijährigen Laufzeit werden die im Rahmen der Projekte erstellten OER-Materialien auf ORCA.nrw verfügbar sein. Eine Übersicht der geförderten Projekte finden Sie hier. Lesetipp: Auf dem Portal OERinfo liefert Daniel Diekmann aus dem OER-Referat des Landesportals in einem Blogbeitrag einen interessanten Einblick und nützliche Informationen zum Auswahlprozess.

 

Umfangreiches Angebot bei Lehre verbindet NRW

Dreiklang bei Lehre verbindet NRW – und das mit vollem Erfolg: Im Juni standen wieder Veranstaltungen der beliebten Reihe von HD@DH.nrw und ORCA.nrw an. Zu Gast waren das Projekt KI:edu.nrw mit Jonas Leschke und Nadine Lordick sowie das Kompetenzzentrum Digitale Barrierefreiheit mit den Impulsgeberinnen Dr. Anne Haage und Sabrina Januzik. Darüber hinaus referierte Dr. Matthias Buschmeier zum „Einsatz von Lernportfolios zur Reflexion des Lernfortschritts“.

 

Deimann zu Gast bei twillo-Konferenz 

Auch außerhalb von Nordrhein-Westfalen stand die Digitalisierung der Hochschullehre im Juni im Fokus – genau gesagt in Niedersachsen bei der von twillo organisierten Konferenz „Open up“.  PD Dr. Markus Deimann, Geschäftsführer von ORCA.nrw, war als Gast dabei und sprach zum Thema „Offene Bildungsinfrastrukturen und ihre Bedeutung für die (digitale) Hochschullehre“. Die Präsentation finden Sie hier.

 

Voller Erfolg: OER-Fachtag Sprachwissenschaften

Nach dem Fachtag ist vor dem Fachtag: Im Juni war es endlich wieder soweit, der OER-Fachtag ging in die nächste Runde und stand ganz im Zeichen der Sprachwissenschaften. Von morgens bis nachmittags luden zahlreiche Vorträge, Projekt-Präsentationen und praxisorientierte Kurz-Workshops zum Diskutieren und Mitmachen ein. Und das Beste: Der nächste OER-Fachtag wirft seine Schatten schon voraus. Am 4. September dreht sich alles um die Fachrichtung Gesundheit, die Anmeldung ist schon jetzt möglich. Organisiert werden die OER-Fachtage vom Netzwerk Landesportal ORCA.nrw.

 

OER-Tipp des Monats: Digitalisierung in KiTas

Auch im Juni gab es wie gewohnt den OER-Tipp des Monats von ORCA.nrw. In der aktuellen Ausgabe geht es um „Digitalisierung in KiTas“, ein Projekt aus der Förderlinie Curriculum 4.0, das sich an Studierende in den noch jungen Studiengängen zur Kindheitspädagogik richtet. Prof. Dr. Helen Knauf von der Hochschule Bielefeld hat insgesamt neun Videos erstellt, in denen zuerst die Grundlagen der Digitalisierung erläutert werden und dann explizit auf die Medienbildung sowie die Organisationsentwicklung im Kontext der Digitalisierung eingegangen wird. Alle Videos sind auf ORCA.nrw abrufbar.

 

Neues aus der Rechtsinformationsstelle

Monatlich veröffentlicht die Rechtsinformationsstelle der DH.nrw eine Zusammenfassung der rechtswissenschaftlichen Literatur zum Thema Digitalisierung der Hochschulen in Nordrhein-Westfalen. In der Kurz-Review geht es dieses Mal unter anderem um „Die Wiedergabe geschützter Werke im Unterricht und Lehre“. Neben Wissenswertem aus den Bereichen Datenschutzrecht und Urheberrecht beinhaltet die Zusammenfassung auch Neues zu den Themen Prüfungs- und Hochschulrecht.

Kristina Seidler-Rolf: „Bei KomVor Pflege geht’s um die drei Kernkompetenzen in der Pflege“

Planen, Steuern und Evaluieren sind in der professionellen Pflege die drei Kernkompetenzen, auch Vorbehaltsaufgaben genannt. Im Projekt „Kompetenzentwicklung durch digitale OER-Lehr-Lernmaterialien für die Vorbehaltsaufgaben der Pflege – kurz KomVor Pflege – werden für diese wichtigen Aufgaben digitale Lehr-/Lernmaterialien erstellt. Projektleiterin Kristina Seidler-Rolf von der Hochschule Bielefeld verrät im Interview, wie es vom Gesetz zum wissenschaftlichen Projekt kam, wie wichtig Fallbeispiele in der Lehrpraxis sind und wie die Zusammenarbeit unter den beteiligten Hochschulen läuft. Neben der konsortialführenden Hochschule Bielefeld sind auch die Hochschule für Gesundheit in Bochum, die Universität zu Köln sowie die Universität Paderborn involviert. KomVor Pflege ist eines von 18 Projekten aus der zweiten Förderrunde der OERContent.nrw-Förderlinie und soll 2024 fertiggestellt sein. Die OER-Materialien werden anschließend auf dem Landesportal ORCA.nrw abrufbar sein.

 

Frau Seidler-Rolf, die Pflegestudiengänge zählen zu den jüngeren an Hochschulen. Warum ist es generell sinnvoll, im Pflegebereich ein Studium anzubieten?

Kristina Seidler-Rolf: Beides ist wichtig – sowohl die Ausbildung als auch das Studium. Die Anforderungen an die Pflege sind in der jüngeren Vergangenheit immer anspruchsvoller geworden. Gerade wenn es um hochkomplexe und intensive Pflege geht, kann das Studium sehr sinnvoll sein. Man taucht noch tiefer ein in die Pflegewissenschaft und -forschung.

 

Mit dem Projekt KomVor Pflege wollen Sie und Ihr Team einen Beitrag dazu leisten. Wie entstand die Idee zum Projekt?

Seidler-Rolf: Vor unserem aktuellen Projekt lief an der Hochschule in Bielefeld schon das Projekt DiFuSiN, in dem es um den Einsatz von digitalen Tools in der Pflege ging. Ich bin damals noch nicht Teil des Teams gewesen, die Kollegen haben mir aber berichtet, dass sie dabei die Bedeutung von digitalen Lehr-/Lernmaterialien erkannt haben – sowohl für Studierende als auch für Lehrende. Als dann in Deutschland das Pflegeberufegesetz eingeführt worden ist, sind auch die Vorbehaltsaufgaben in die hochschulische Ausbildung mit aufgenommen worden, sodass der Gedanke aufkam, diesen wichtigen Part in einem neuen Projekt zu vertiefen. Und zu guter Letzt hat sicher auch die Corona-Pandemie den Prozess angeschoben, denn es war klar, dass es mehr digitales Material in unserem Bereich braucht.

 

Auf den eben angesprochenen Vorbehaltsaufgaben basiert Ihr Projekt, diese werden sogar im Projektnamen genannt. Was sind aber genau Vorbehaltsaufgaben in der Pflege?

Seidler-Rolf: Die Vorbehaltsaufgaben sind die Kernkompetenzen in der professionellen Pflege und Voraussetzung für eine Berufszulassung in unserem Bereich. Sie heißen so, weil sie nach dem Pflegeberufegesetz ausschließlich dem ausgebildeten Fachpersonal vorbehalten sind. Dazu gehört erstens den Pflegebedarf einer Person zu erkennen und richtig einzuschätzen, zweitens den Pflegeprozess zu organisieren und zu steuern und drittens die Pflegemaßnahmen zu bestimmten Zeitpunkten zu evaluieren und damit die Qualität der Pflege zu sichern. Diese drei gesetzlich festgelegten Vorbehaltsaufgaben nehmen wir in unserem Projekt auf, denn es unterteilt sich in die Phasen: planen, steuern und evaluieren.

 

Darüber hinaus behandeln Sie im Projekt die Pflegephänomene Schmerz, Immobilität und Gesundheitskompetenz.

Seidler-Rolf: Genau, wir entwickeln Fallbeispiele zu allen drei Pflegephänomenen und haben uns aufgeteilt: Jede der drei beteiligten Hochschulen erstellt Fälle für jeweils ein Phänomen. Wir an der Hochschule Bielefeld kümmern uns um die Gesundheitskompetenz, also die Fähigkeit, gesundheitsrelevante Informationen zu finden, zu verstehen und sie für die Gesundheit von sich selbst und anderen zu nutzen. Studierende üben das exemplarisch an mehreren Fällen, um das Wissen später in der Praxis einsetzen zu können.

 

Wie werden die Fälle entworfen?

Seidler-Rolf: Das Wichtigste ist, dass sie nicht zu konstruiert, sondern authentisch sind. Wir konzipieren einige Fälle im Team selbst, andere sind real und werden von uns noch angepasst oder erweitert. Manchmal lassen wir zum Beispiel einen real existierenden Fall etwas komplexer werden oder nehmen den ein oder anderen Punkt noch mit auf. Zum einen, damit ein systematischer Aufbau aller Inhalte funktioniert, aber auch, damit jeder Fall an sich auch didaktisch sinnvoll ist.

 

Wie soll später das Material aussehen?

Seidler-Rolf: In der Praxis könnte es in einem Fall zum Beispiel um die Gesundheitskompetenz bei einem Menschen mit Asthma gehen. Eine Frage wäre dann: Sind die Maßnahmen, die bei der Person getroffen wurden, um sich mit der eigenen Gesundheit zu beschäftigen, sinnvoll und ausreichend? Das würde unter die dritte Vorbehaltsaufgabe, also das Evaluieren, fallen. Da bei unserem Projekt immer das selbstgesteuerte Lernen im digitalen Raum im Fokus steht, kann das Material ganz unterschiedlich aussehen. Wir arbeiten mit Texten, Videos, audiogestützten Inhalten, und in alle Einheiten sind H5P-Elemente implementiert, die selbst gesteuert werden können.

 

Wie läuft die Zusammenarbeit unter den beteiligten Hochschulen?

Seidler-Rolf: Wir hatten eine Kick-off-Veranstaltung mit allen beteiligten Hochschulen. Jetzt findet mit allen Projektbeteiligten monatlich ein Online-Jour-Fixe statt, in dem wir eruieren, wie der Stand bei den einzelnen Partnern ist. Auf der Ebene der wissenschaftlichen Mitarbeitenden treffen wir uns alle 14 Tage. Dann tauschen wir uns inhaltlich über Schwerpunktthemen aus. Zudem gibt’s natürlich gerade bei uns als Hochschule Bielefeld noch reichlich andere Absprachen, weil wir die Konsortialführung innehaben.

 

Bis zur Veröffentlichung auf ORCA.nrw haben Sie noch ein wenig Zeit, aber was müsste passieren, damit KomVor Pflege ein voller Erfolg wird?

Seidler-Rolf: Ich wünsche mir, dass die Materialien von Lehrenden und Studierenden gut und viel genutzt werden. Wenn sie später noch für den jeweiligen Bereich angepasst würden, wäre das optimal. Und natürlich würden wir uns freuen, wenn wir nach der Veröffentlichung reichlich Rückmeldungen bekommen würden, um das Feedback noch einarbeiten zu können. Dann hätten wir einiges erreicht.

 

Porträt von Kristina Seidler-Rolf

 

Zur Person:

Kristina Seidler-Rolf (49) ist gelernte Krankenschwester mit Weiterbildung in der Fachrichtung Palliativ-Care und mehrjähriger Praxiserfahrung in diesem Bereich. Über eine Stelle als Dozentin an einer Pflegeschule fand sie den Weg an die Hochschule und startete 2017 ihr Bachelor-Studium der Pflegewissenschaft, 2021 schloss sie ihren Master in Pflegepädagogik ab. Seit Juli 2022 ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Hochschule Bielefeld und leitet dort das Projekt KomVor Pflege.

Digitale Hochschullehre weiter ausbauen: Land fördert zwölf Konzepte mit rund sieben Millionen Euro

Digitale Lern-Formate für Studentinnen und Studenten wie Online-Kurse, Lern-Videos oder virtuelle Labore können die Hochschullehre effektiv bereichern. Das Land fördert daher den weiteren Ausbau von E-Learning-Angeboten an den nordrhein-westfälischen Hochschulen mit rund sieben Millionen Euro. Im Rahmen des Programms „OERContent.nrw“ (Open Educational Resources) unterstützt das Land zwölf Projekte. Die Vorhaben, an denen jeweils mindestens drei Hochschulen beteiligt sind, werden ab September in bis zu zwei Jahren umgesetzt. Es ist die dritte Runde des Förderprogramms vom Land und der Digitalen Hochschule NRW (DH.NRW).

 

Wissenschaftsministerin Ina Brandes: „Der persönliche Kontakt von Lehrenden und Studentinnen und Studenten ist einzigartig und durch nichts zu ersetzen. Gleichwohl haben wir in der Corona-Pandemie gelernt, dass digitale Lehrangebote äußerst effektiv sein können. In smarten Online-Seminaren steckt viel Potenzial, die analoge Lehre optimal zu ergänzen: E-Learning-Angebote sind überall und immer verfügbar. Diese Flexibilität schafft neue Freiräume für unsere Lehrenden und für Studentinnen und Studenten. Deshalb wollen wir die Online-Lehrangebot weiter ausbauen.“

 

OERContent.nrw ist die größte bundesweite Förderlinie für offene Bildungsressourcen. Nach Abschluss der jeweiligen Projekte müssen die E-Learning-Angebote in die Materialsammlung des Landesportals für Studium und Lehre ORCA.nrw (Open Resources Campus NRW) eingestellt werden.

 

Übersicht über die zwölf Projekte der dritten OERContent.nrw-Förderrunde

 

Prof. Tobias Brandt (INNO4S): „Reale Beispiele machen Nachhaltigkeit greifbar“

Kaum Themen haben in der Lehre so sehr an Relevanz gewonnen, wie Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Innovation. Doch wie bringt man Studierenden diese großen Themenfelder bestmöglich bei? Professor Tobias Brandt von der Universität Münster hat zusammen mit der Universität Paderborn und der Universität zu Köln mit dem Projekt „Digital Innovation for Sustainable Development“ (INNO4S) eine Antwort. Anhand von sechs realen Fallbeispielen sollen Studierende in sogenannten Teaching Cases Lösungsszenarien kreieren. Dabei haben sie stets die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen im Blick und begeben sie sich gedanklich unter anderem mal 9.000 Kilometer weiter weg. INNO4S ist eines von 18 Projekten aus der zweiten Förderrunde der OERContent.nrw-Förderlinie und soll bis Ende 2024 fertiggestellt sein. Die Kurse und Materialien werden dann auf dem Landesportal ORCA.nrw abrufbar sein.

 

Herr Professor Brandt, was galt zu Ihrer Studienzeit in den Wirtschaftswissenschaften als innovativ, digital oder nachhaltig?

Prof. Tobias Brandt: Das Besondere und Neue im Bereich der Digitalisierung war sicher das Aufkommen der großen Plattformen. Ich erinnere mich noch gut: eBay war damals das große Ding, und auch Google kam als riesiger Player auf den Markt. Ich habe 2011 mein Diplom abgeschlossen und gehörte damit zur ersten Studienabschluss-Generation mit Smartphone. Eine wirkliche Vorstellung, wohin das alles führen würde – Stichwort: universelle Erreichbarkeit – hatte damals aber noch niemand – auch nicht an der Universität. Und auch die gedankliche Verbindung zwischen Digitalisierung und Nachhaltigkeit gab es noch nicht. In meiner Diplomarbeit 2011 habe ich mich dann mit „Green-IT“ beschäftigt, also der Frage, wie man die Energiekosten der Kommunikationstechnologie reduzieren kann. Mit dem Thema war man aber eher noch ein Außenseiter.

 

Was hat sich seitdem mit Blick auf die drei großen Wörter Digitalisierung, Innovationen und Nachhaltigkeit in der Lehre verändert?

Brandt: Sehr viel! Das Thema Nachhaltigkeit hat gerade einen enormen Boost. Zugegeben: Es hat auch lange gedauert, bis die Relevanz flächendeckend verstanden wurde. Die Erwartung an eine BWL- und VWL-Fakultät ist heute, dass sich das Thema Nachhaltigkeit durchs komplette Studium zieht und ernsthaft besprochen wird. Beim Thema Digitalisierung hat sich auch einiges getan – vor allem beschleunigt durch die Corona-Pandemie. Da ist auch dem Letzten bewusst geworden, dass man an Digitalisierung nicht vorbeikommt. Bei uns im Projekt geht es jetzt darum, diese Themen miteinander zu verbinden. Per se ist es ja so: „Je mehr technische Geräte ich involviere, desto mehr Energie verbrauche ich.“ Unser Anspruch muss aber sein, auf der anderen Seite auch Ziele zu erreichen, die das Problem nicht nur aufwiegen, sondern sogar überkompensieren.

 

Wie ist die Idee zu INNO4S entstanden?

Brandt: Das weiß ich noch genau: Es war vor einigen Jahren an der School of Management an der Erasmus-Universität in Rotterdam, wo das Thema Nachhaltigkeit schon viel länger als in Deutschland eine zentrale Rolle in der Lehre spielt. Ich war an einem Projekt beteiligt, das Teaching Cases zu den 17 Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen entwickelt hat. Die Idee fand ich damals faszinierend und mir war klar, dass ich irgendwann selbst eine Veranstaltung zu dem Thema konzipieren wollte. Zusammen mit unseren Kooperationspartnern Jun.-Prof. Milad Mirbabaie aus Paderborn und Prof. Mona Mensmann aus Köln und durch die OERContent.nrw-Förderung hat es jetzt zum Glück geklappt.

 

Lisa Nagel und Isa Freese

Prof. Tobias Brandt | © Lukas Walbaum

 

Auch in Ihrem Projekt spielen die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen eine große Rolle.

Brandt: Genau, auf den sogenannten UN Development Goals basiert unser Projekt. Wir versuchen bei INNO4S Fallbeispiele zu identifizieren, die viele der insgesamt 17 Ziele behandeln, denn es ist klar: Nachhaltige Entwicklung kann man nur als Gesamtbild denken. Wir entwickeln insgesamt sechs Cases, für die es dann jeweils ein Primärziel gibt, aber andere natürlich mit reinspielen.

 

Wie sieht ein konkreter Case aus?

Brandt: Zunächst einmal handelt es sich bei allen sechs Cases um reale Fälle. Einer wird sich zum Beispiel primär ums Nachhaltigkeitsziel „bezahlbare und saubere Energie“ drehen. Er behandelt eine Community im Norden von Kalifornien, die in der Vergangenheit öfter durch die Auswirkungen von Stürmen und Waldbränden vom Stromnetz abgeschnitten war. Daraufhin hat sie sich ein sogenanntes Microgrid, also ein Inselnetz, aufgebaut. Durch die Photovoltaikanlagen, einen Generator, einigem mehr sowie einer Steuerungssoftware haben die Menschen dort eine Energieversorgung, bei der sie nicht mehr in erheblichem Maße von der Gesamt-Infrastruktur abhängig sind, sondern im Zweifel ein paar Tage autark über die Runden kommen. Diesen Case gehen wir dann mit den Studentinnen und Studenten durch.

 

Klingt, als ob es für Studierende keine gewöhnliche Lernerfahrung sei.

Brandt: So soll es sein, auch wenn am Anfang sicher auch ein, zwei normale Vorlesungen stehen, um überhaupt in das Thema „digitale Innovation“ hineinzukommen. So ein Thema braucht eine Einführung, aber auch dafür wird es bei uns im Projekt Lehreinheiten geben. Danach werden wir nacheinander sogenannte Teaching Cases durcharbeiten – am besten intensiv, pro Case ein bis zwei Wochen in einem Gesamt-Zeitraum von zwei bis drei Monaten. Dieses Case-based-Teaching ist außerhalb der Business Schools und der Medizin noch nicht wirklich verbreitet, der Vorteil ist aber, dass man in einer Projektgruppe intensiv eine Lösungsstrategie für einen Fall erarbeitet, permanent Feedback bekommt und die Ergebnisse dann vorstellt. So werden sich die Studierenden nach und nach insgesamt sechs der UN-Nachhaltigkeitsziele genau anschauen.

 

Werden am Ende die erarbeiteten Vorschläge der Studierenden mit dem realen Ergebnis verglichen?

Brandt: Das ist denkbar, allerdings noch nicht entschieden. Wichtig ist vor allem, dass die Studierenden die Lösung für ein Problem immer im Hier und Jetzt entwerfen, denn mit der Zeit ändern sich auch die Voraussetzungen und Möglichkeiten, das muss berücksichtigt werden.

 

Wie können Lehrende das Material aus INNO4S einsetzen?

Brandt: Das Projekt ist so konzipiert, dass die Inhalte maximal wiederverwertbar sind. Lehrende können die sechs Module komplett einsetzen oder sich auch nur einzelne Module oder Materialien nehmen und diese mixen. Wir entwickeln dazu für jeden Teaching Case auch eine sogenannte Teaching Note, also einen Lehrplan, der erklärt, wie Lehrende mit dem Material umgehen können. Aber es steht – ganz im Sinne von OER – jedem frei, es zu nutzen wie man möchte.

 

Innovation, Nachhaltigkeit und Digitalisierung – Inwieweit kann INNO4S helfen, diese drei großen Wörter greifbar zu machen?

Brandt: Es stimmt, alle drei Wörter können erst mal alles und nichts bedeuten. Der Vorteil der Cases ist jetzt, dass man von der Abstraktion weggeht und schaut, wo und wie genau diese drei großen Wörter wirklich vorangetrieben worden sind.

 

Was muss passieren, damit Ihr Projekt ein Erfolg ist?

Brandt: Mein Wunsch ist es, dass die Entscheider von morgen noch besser vorbereitet sind und vor allem sehen, dass die drei eben angesprochenen Begriffe nicht nur hohle Worte sind. Und bezogen auf unser Material hoffe ich, dass es oft wiederverwertet wird. Es sind im Projekt schon drei große Universitäten beteiligt, das ist eine gute Basis, aber das Schöne an OER ist ja, dass es keine Verbreitungsgrenzen fürs Material gibt. Daher erstellen wir alles auch auf Englisch.

 

Sie haben verraten, dass Sie schon lange einen Kurs dieser Art erstellen wollten und ihn im Zweifel auch ohne Förderung angegangen wären. Was macht die OERContent.nrw-Förderlinie besonders?

Brandt: Ohne die Förderung würde der Kurs ganz anders aussehen, er würde niemals so umfangreich und detailliert. Jetzt haben wir die Expertise der anderen Hochschulen dabei und darüber hinaus die Kapazität, über zwei Jahre am Material zu arbeiten. Gerade bei den internationalen Kooperationen wie zum Beispiel mit der Community in Kalifornien ist es am Anfang überaus wichtig, die richtigen Partner zu finden, eine Vertrauensebene aufzubauen und sie zu überzeugen, dabei zu sein. Ohne Förderung wäre das nur schwer möglich.

 

Wie kann man sich die Zusammenarbeit unter den drei beteiligten Universitäten vorstellen?

Brandt: Wir arbeiten eng zusammen und versuchen stark voneinander zu lernen. Inhaltlich haben wir uns aufgeteilt, jede Universität entwickelt zwei von sechs Cases – zugeschnitten auf ihre jeweiligen Stärken. Wie bei den meisten Projekten hat es zu Beginn einen Kick-off gegeben, bei dem wir uns einen gesamten Tag bei uns in Münster getroffen haben, und dann ging die Arbeit los. Alle zwei Wochen haben wir einen Jour Fixe, in dem wir uns austauschen.

 

Ihre Vision ist, dass INNO4S später auch als Massive Open Online Course zur Verfügung steht. Können Sie das MOOC-Prinzip einmal erläutern?

Brandt: Ein MOOC wäre schon noch eine andere Stufe: Das Wort „massive“ zeigt ja schon, dass der Kurs einer sehr großen Gruppe – auch international – zugänglich gemacht wird und man bei erfolgreicher Absolvierung sogar ein Zertifikat erhält. Für einen MOOC würde sich unser Thema sicher anbieten, aber soweit sind wir noch nicht. Ein MOOC bringt dann auch noch mal ganz andere Komplexitätsstufen mit sich.

 

Innovativ, nachhaltig und digital. Passt das auch zu INNO4S?

Brandt: Ein UN-Nachhaltigkeitsziel lautet „hochwertige Bildung“, OER spielen da auch eine Rolle. Von daher gefällt mir der Gedanke, dass man mit einem offenen Kurs über Digitalisierung und Nachhaltigkeit selbst ein Nachhaltigkeitsziel erreichen kann.

 

Zur Person:

Tobias Brandt (37) ist seit 2021 Professor für Digital Innovation and the Public Sector an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster. Zuvor war er als Assistant Professor of Business Information an der School of Management der Erasmus-Universität im niederländischen Rotterdam tätig, wo er 2020 unter anderem mit dem Innovative Teaching Award ausgezeichnet wurde. Seit August 2022 leitet er das durch die OERContent.nrw-Förderlinie unterstützte Projekt INNO4S.