Fabian Dillenhöfer: „Abgucken ist ausdrücklich erwünscht“

Passgenau und fachübergreifend einsetzbare Open Educational Resources (OER) für das Modul „Technisches Zeichnen“ wurden im Projekt TZdigital.nrw erstellt. Sie können in 18 Studiengängen eingesetzt werden und sind im Materialpool von ORCA.nrw zu finden. TZdigital ist eines von 18 Projekten, die im Rahmen der ersten OERContent.nrw-Förderlinie vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gemeinsam mit der Digitalen Hochschule NRW gefördert wurden. Projektkoordinator Fabian Dillenhöfer von der Technischen Universität Dortmund war von Beginn der Antragstellung über den Förderzeitraum von zweieinhalb Jahren mit dabei. Er erklärt im Interview mit ORCA.nrw nicht nur, für wen sich das erstellte Material eignet und wie es eingesetzt werden kann, sondern berichtet auch von der Zusammenarbeit mit sieben Hochschulen in einem Projekt.

 

Herr Dillenhöfer, auf der Homepage der Digitalen Hochschule NRW heißt es: „OERContent.nrw ist die größte bundesweite Förderlinie für offene Bildungsressourcen. Durch die Förderlinie soll der Nutzen von frei zugänglichen Lehr- und Lernangeboten für Lehrende und Studierende erkennbar und erfahrbar werden.“ – Worin liegt der Nutzen von OER Ihrer Meinung nach?

Fabian Dillenhöfer: Ganz klar in der Zeitersparnis und Arbeitserleichterung. Es ist als Lehrender einfacher, wenn man in der Lehre neu ist und auf OER-Material zurückgreifen kann. Darüber hinaus regt OER zu Vernetzung und Austausch an. Zwischen Universitäten und Fachhochschulen, Fachkolleginnen und -kollegen, aber auch zwischen Studierenden, wenn sie das Material zum Lernen oder zur Prüfungsvorbereitung nutzen. Es ist ein gutes Angebot, sich austauschen zu können.

 

Wieso eignet sich ausgerechnet das Modul „Technisches Zeichnen“ für die Erstellung von OER?

Dillenhöfer: Das Modul ist ein absolutes Grundlagenfach, viele Inhalte sind stark standardisiert, zum Beispiel durch deutsche Industrienormen. Es bietet sich hervorragend für die Erstellung von OER an. Außerdem sind die Inhalte sehr stabil in der zeitlichen Hinsicht. Es kommen nicht viele Neuerungen hinzu, sodass der Aufwand der Überarbeitung gering ist. Aber das sind nur die praktischen Vorteile. Wir erreichen mit den Materialien eine große Zielgruppe, da technisches Zeichnen in vielen Studiengängen gelehrt wird. Es sind Lehr-/Lerninhalte, die viele Hochschulen brauchen.

 

Sie sagen, dass das Material in 18 Studiengängen Anwendung finden kann.

Dillenhöfer: Genau, das Material deckt eine sehr große Bandbreite ab. Hauptsächlich Studiengänge im Ingenieurwesen, wie zum Beispiel Maschinenbau, Logistik oder Wirtschaftsingenieurwesen. Im Maschinenbau beschäftigen wir uns gerade in den ersten Semestern damit. Dadurch, dass die Lernziele nach dem Constructive-Alignment-Prinzip (siehe Abbildung) von Beginn an transparent gemacht werden, wird nicht nur nachweislich die Motivation der Studierenden gefördert. Es ermöglicht ihnen und auch den Lehrenden darüber hinaus einen Abgleich mit ihren Modulhandbüchern und somit eine passgenaue Prüfungs- oder Lehrvorbereitung entlang verschiedener Komplexitätsebenen. Studierende wie Lehrende werden unterstützt, indem sie sich explizit die Bausteine rausnehmen können, die sie benötigen.

Abbildung Constructive Alignment

Das Constructive-Alignment-Prinzip

Bleiben wir bei den Studierenden. Welches Vorwissen müssen sie mitbringen?

Dillenhöfer: Bereits im ersten Semester kann sehr gut mit dem Material gearbeitet werden, da kein Vorwissen nötig ist. Aber auch Studierende höherer Fachsemester werden sich nicht langweilen, da die Lerneinheiten je nach Anforderung modular und adaptiv gestaltet sind. Es können entlang unserer Lernlandkarte verschiedene E-Learning-Formate wie zum Beispiel interaktive Präsentationen, Lernvideos oder virtuelle Labore durchlaufen werden. Es gibt auch ein paar Spiele und Kreuzworträtsel. Wir haben den Fokus auf H5P-Elemente gesetzt und sie in Moodle implementiert.

 

Am jüngsten Projekt, das wir im ORCA.nrw-Blog vorgestellt haben, waren sechs Hochschulen beteiligt. Es war das Projekt WILMO aus dem Bereich Wirtschaftsinformatik. Wir waren neugierig, wie die hochschulübergreifende Zusammenarbeit in einem so großen Verbundprojekt koordiniert wird. Wie ist Ihnen das geglückt?

Dillenhöfer: An TZdigital haben ja sogar sieben Hochschulen und Universitäten mitgewirkt. Neben der Technischen Universität Dortmund als Konsortialführerin auch die Ruhr-Universität Bochum, die Bergische Universität Wuppertal, die Hochschule Bochum, die Fachhochschule Südwestfalen, die Fachhochschule Dortmund und die Hochschule Hamm-Lippstadt. Es wären sogar noch mehr motiviert gewesen mitzumachen. Wir haben gemerkt, dass viele ähnliche Themen und ähnliche Ideen schon da waren, von daher haben es alle als sinnvoll empfunden, sich zusammenzutun und das Material gemeinsam zu entwickeln. Es ist fast wie von alleine gelaufen. Wir haben zuerst geschaut, welche Expertise jede Hochschule hat und welche Themen sie abdecken. Daraus haben wir mit jeweils zwei bis drei Projektpartnern Arbeitsgruppen gebildet, und in diesen Gruppen wurde dann je ein Thema bearbeitet. Die Coronapandemie hat dabei Vieles befördert. Vorher hieß es „Die Software braucht man nicht!“ und auf einmal war man auf digitale Lehre angewiesen, und die Server wurden eingerichtet. Mit den verbesserten Rahmenbedingungen war es für uns dann wesentlich leichter, das Material zu entwickeln. Durch monatliche Projekttreffen, die digital stattgefunden haben, hat ein regelmäßiger Abgleich stattgefunden. Für die finale Qualitätssicherung hat das Material dann einen Review-Prozess in der Breite, mit externen Projektpartnerinnen, durchlaufen.

 

TZdigital ist mit dem Förderzeitraum von Oktober 2020 bis März 2023 ein abgeschlossenes Projekt. Haben Sie dennoch offene Wünsche?

Dillenhöfer: Wir sind natürlich daran interessiert, dass das Material nachgenutzt und auch langfristig aktuell gehalten wird. Der ganze Kurs steht vollständig auf ORCA.nrw zum Download zur Verfügung. Wir sind von der Qualität der Lehr- und Lerninhalte überzeugt und freuen uns, je häufiger die Materialien beim Lernen genutzt oder in der Lehre eingesetzt werden. Alle Nutzenden sind dazu eingeladen, sie weiterzuentwickeln und auf ihre eigenen Problematiken anzuwenden. Abgucken ist also ausdrücklich erwünscht.

Porträt von Fabian Dillenhöfer

 

Zur Person:

Fabian Dillenhöfer (30) ist seit 2019 wissenschaftlicher Mitarbeiter im Fachgebiet Maschinenelemente an der Technischen Universität Dortmund. Seit der Beantragung organisiert er das durch die OERContent.nrw-Förderlinie unterstützte Projekt TZdigital.nrw. In diesem Projekt mit sieben Partnerhochschulen (Bergische Universität Wuppertal, Ruhr-Universität Bochum, Hochschule Bochum, Hochschule Hamm-Lippstadt, Fachhochschule Südwestfalen, Fachhochschule Dortmund) wurden im Förderzeitraum von Oktober 2020 bis März 2023 Lehr-/Lernmaterialien für das Technische Zeichnen im Maschinenbau erstellt.